Aktuell in den Filmclubs (4.9. - 10.9. 2015)
Männer, die noch nicht richtig erwachsen sind, stehen im Mittelpunkt von "Inside Llewyn Davis" der Coen-Brüder, der im Gasthof Jöslar in Andelsbuch auf dem Programm steht, und Jan-Ole Gersters famosem "Oh Boy", der von der Artenne Nenzing gezeigt wird.
Inside Llewyn Davis: Nach der Sommerpause startet das monatliche Kinoprogramm im Andelsbucher Gasthof Jöslar mit einer meisterhaften Tragikomödie der Coen-Brüder in sein neues Programm. Unter dem Motto „Gaumen Kino“ wird dabei vor der Filmvorführung (20.30 Uhr) um 18 Uhr ein spezielles Menü angeboten, zu dem eine Voranmeldung nötig ist (Details unter: www.jöslar.at).
Im Mittelpunkt von „Inside Llewyn Davis“ steht der Folk-Musiker Llewyn Davis, der 1961 seiner Zeit voraus ist und folglich keinen Erfolg hat. Eine Woche folgen Joel und Ethan Coen diesem Verlierer, für den der Folk-Sänger Dave van Ronk als Vorbild diente, auf einer Odyssee durch New York und nach Chicago.
Keine stringente dramatische Handlung wird entwickelt, sondern einzelne Szenen, die letztlich folgenlos bleiben, reihen sich aneinander. Blass sind die Gesichter der Figuren, mit dunklen Mänteln schützen sie sich gegen die winterliche Kälte, die Bäume sind kahl und der Himmel grau in grau, fahl das Licht. Meisterhaft evoziert die Farb- und Lichtdramaturgie von Kameramann Bruno Delbonnel und die Ausstattung von Jess Gonchor die äußere Kälte, doch der Blick der Coens auf ihren Protagonisten ist voll Wärme.
So glücklos Llewyn agieren mag, so sehr ist dieser Film ein Triumph der Coens, die zwar wie eh und je mit wunderbar trockenem Humor skurrile Begegnungen mit skurrilen Typen – großartig der Coen-Stammschauspieler John Goodman als heroinsüchtiger Jazzer – aneinanderreihen, doch auf alle Mätzchen und selbstverliebten Spielereien verzichten.
Gelassen und souverän erzählen sie im Bewusstsein längst niemandem mehr etwas beweisen zu müssen und erklären in wunderbaren, von T Bone Burnett ausgewählten Songs der Folk-Musik und im scheiternden Protagonisten allgemein Künstlern, die für ihre Kunst und ihre Vision leben und sich nicht kommerziellen Trends anpassen, ihre Liebe.
Gasthof Jöslar, Andelsbuch: So 6.9., 20.30 Uhr
Oh Boy: Die Artenne Nenzing eröffnet ihre Filmreihe zum Thema „Wir machen blau“ (Details unter: www.artenne.at) mit „Oh Boy“, in dem Jan-Ole Gerster mit leichter Hand das Porträt eines Endzwanzigers zeichnet, der endlich aufwachen und erwachsen werden sollte.
Selten findet man einen deutschen Film, der so leicht und verspielt daher kommt, nie ins Klamaukige abgleitet, dafür sehr präzis das Lebensgefühl des Protagonisten einfängt.
Gerster entwickelt keine stringente Handlung, sondern reiht Szenen aneinander, die Niko langsam vielleicht zum Nachdenken über sein Leben bringen. Er selbst wird kaum aktiv, mischt sich nicht ein, gibt nichts von sich preis, während die anderen auf ihn einreden, ihm ihr Herz oder Leben ausschütten.
Wie Perlen an einer Kette werden Begegnungen aneinander gereiht und konsequent aus der Perspektive Nikos erzählt, dem der Film durch einen Tag und eine Nacht folgt. Großartig ist Tom Schilling in dieser Rolle, vermittelt eindrücklich die Lethargie und Orientierungslosigkeit dieses noch nicht erwachsenen Endzwanzigers, der lieber so dahinsudern als eine Entscheidung fällen und die Initiative ergreifen möchte.
Unterstützt wird die zwischen Humor und Melancholie pendelnde Stimmung, aber auch die Poesie dieser Tragikomödie neben dem jazzigen Soundtrack auch durch die bestechende Schwarzweißfotografie von Philipp Kirsamer, die Erinnerungen an Woody Allens „Manhattan“ weckt.
Provinzwerkstatt, Nenzing (Gamperdonaweg 2: Do 10.9., 20 Uhr