"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 24. Apr 2014 · Film

Aktuell in den Filmclubs (25.4. - 1.5. 2014)

Der Spielboden Dornbirn zeigt diese Woche Matt Porterfields unaufgeregten Independentfilm „I Used to Be Darker“. Beim Filmforum Bregenz steht dagegen der Dokumentarfilm „Das radikal Böse“ auf dem Programm, in dem Stefan Ruzowitzky zu ergründen versucht, wie es zu dem Massenmord der Nationalsozialisten an jüdischen Zivilisten in Osteuropa kommen konnte.

I Used to Be Darker: Gerade als die Sängerin Kim im Begriff ist ihren Mann Bill und die etwa 18-jährige Tochter Abby zu verlassen, taucht ihre 19-jährige Nichte Taryn auf. Ohne Wissen der Eltern ist die junge Irin nach Amerika gereist, steht nach einer gescheiterten Liebe allein da und trägt zudem lange ein Geheimnis mit sich.
Ganz auf die Gefühle und das Beziehungsgefüge dieser vier Personen konzentriert sich Matt Porterfield. Auf Ursachenforschung verzichtet er, entwickelt keine großen Handlungsbögen, sondern beschränkt sich auf die ruhige Beobachtung des Alltäglichen. Statt mit schnellen Schnittfolgen und Close-Ups Emotionen hineinzupressen, deckt der 1977 geborene Regisseur in lakonischer Erzählweise langsam, aber intensiv die Verletzungen, den Schmerz und Zorn auf, die unsichere Situation des Übergangs, in der das Alte noch nicht abgeschlossen ist, sondern noch mächtig in das gegenwärtige Leben hereinwirkt.
Am schönsten sind dabei die Szenen, die in einer einzigen langen und weitgehend unbewegten Einstellung gefilmt sind. Viel Raum und Zeit lässt Porterfield seinen Schauspielern hier, sodass sich langsam Gefühle aufbauen können. Nie rückt die Kamera dabei aber den Charakteren zu nahe, sondern wahrt durch die Wahl der Halbtotalen Distanz. Dennoch bewegt „I Used to Be Darker“, weil man hier nicht einer Kinogeschichte zu folgen, sondern dem Leben zuzuschauen glaubt und einem folglich auch die unsicher suchenden Protagonisten rasch ans Herz wachsen.
Spielboden Dornbirn: Fr 25.4., 20.30 Uhr


Das radikal Böse: Zwei Millionen jüdische Zivilisten wurden in Osteuropa zwischen 1941 und 1943 von so genannten Einsatzkommandos und Polizeibataillons der Nationalsozialisten hingerichtet. Stefan Ruzowitzky versucht in seinem Dokumentarfilm zu ergründen, wie es dazu kommen konnte und was Menschen zu Massenmördern macht.
Zu Ausschnitten aus Tagebüchern und Briefen der beteiligten Soldaten, die unter anderem von den SchauspielerInnen Nicolette Krebitz und Alexander Fehling gesprochen werden, werden Gesichter der von Schauspielern gespielten jungen Soldaten eingeblendet, mal lachend, mal nachdenklich, nicht in Aktion, sondern vorwiegend auf Großaufnahmen reduziert, in der Freizeit oder in Formation angetreten. In ihren Gedanken formulieren sie einerseits Bedenken gegenüber dem Vorgehen, andererseits betonen sie dann aber auch wieder die Notwendigkeit mit dem „Übel der Juden“ aufräumen zu müssen, um ihren Familien und Kindern ein Leben in Frieden und eine sichere Zukunft zu sichern.
Die mit Musik und teilweise auch mit Überblendungen oder durch Formatwechsel zwischen Normalformat, Breitbild und Cinemascope sowie immer wieder mit Splitscreen unnötig aufgeputschten Szenen ergänzt Ruzowitzky durch Aussagen eines Psychiater, eines Militärpsychologen und eines Historikers. Auf einer dritten Ebene wird schließlich mit Hilfe von gruppendynamischen Experimenten wie dem Milgram-Experiment und dem Stanford-Experiment versucht, zu erfassen, wie die Militärmaschine funktioniert, wie Gruppenzwang und Gemeinschaftsgefühl geschaffen und das gemeinsame Vorgehen vorbereitet werden.
Das Leid und die Grausamkeit macht „Das radikale Böse“ in seinem kühl intellektuellen Zugang damit aber kaum erfahrbar und kommt letztlich auch dem Bösen nicht näher, sondern führt nur zur längst bekannten Erkenntnis, dass die Nazimörder im Grunde biedere Bürger waren, die innerhalb der Maschinerie und durch Propaganda entsprechend vorbereitet, zu grauenhaften Taten bereit waren.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Fr 25.4., 22 Uhr