Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 22. Jän 2012 · Film

Aktuell in den Filmclubs (23.1. - 29.1. 2011)

Mit „Helen“ läuft am Spielboden Dornbirn im Rahmen der Filmreihe „Psychische Krankheiten“ ein stark gespieltes Drama über eine an Depressionen leidende Frau. Pechschwarze Kost aus Österreich steht dagegen mit Michael Glawoggers „Slumming“ in der Harder Kulturwerkstatt Kammgarn auf dem Programm.

Slumming: Am liebsten hängen der junge Sebastian und sein Freund Alex in Wiener Lokalen herum und genießen es mit Menschen, vor allem mit Frauen wie mit Gegenständen zu spielen. „Slumming“ nennen sie selbst dieses Hobby, Leidtragender ihrer bösen Scherze ist vor allem der betrunkene Gossenpoet Kallmann.
Wie sich der von August Diehl mit kühler Zurückhaltung gespielte Sebastian und Alex (Michael Ostrowski), aber auch der trinkfreudige Straßenpoet Kallmann, den Paulus Manker mit sichtlichem Vergnügen verkörpert, ziellos treiben lassen, so mäandert auch „Slumming“ dahin. Die Zeichnung markanter, bis in die Nebenrollen exzellent besetzter Typen und die lässige Aneinanderreihung detailreich gestalteter und von schwarzem Humor durchzogener Einzelszenen ist Michael Glawogger wichtiger als eine stringente Handlungsführung. Großartig fängt Kameramann Martin Gschlacht in verwaschenen Blau-, Grün- und Grautönen die Kälte des Wiener Winters ein, die mit der inneren Kälte Sebastians korrespondiert. Doch trotz des düsteren und bitteren Beginns wird der Erzählton zunehmend gelöster und ein Ausbruch aus der Tristesse und dem eingefahrenen Trott scheint immer möglich.
Kammgarn Hard: Mi 25.1, 20.30 Uhr


Helen: Die Enddreißigerin Helen hat alles, was man sich wünschen kann: einen netten Mann, eine Tochter im Teenageralter, die scheinbar kaum Probleme bereitet, einen guten Job als Professorin an der Musikhochschule. Nichts trübt ihre Geburtstagsfeier, bei der sie auf dem neuen Flügel vorspielt, doch bald befällt sie zunehmend Traurigkeit, bricht eine Vorlesung ab und schläft bis in den Nachmittag hinein. Als ihr Mann David nicht mehr weiter weiß, bringt er sie ins Spital, wo eine tiefe Depression diagnostiziert wird. Alles versucht David nun zwar für Helen zu tun, kann aber mit ihrer „unsichtbaren“ Krankheit nicht umgehen, sodass sie schließlich die Familie verlässt und zu der psychisch ebenfalls angeschlagenen Studentin Matthilda zieht.
Vom Selbstmord einer Jugendfreundin, der der Film gewidmet ist, wurde Sandra Nettelbeck zu ihrem ersten amerikanischen Film inspiriert. Zehn Jahre musste sie für dieses Projekt kämpfen, denn niederschmetternde Filme über psychische Krankheiten, die jeden treffen können, gelten nicht gerade als Publikumshits. Genau ist ihr Film im Blick auf die von Ashley Judd eindringlich gespielte Helen, schildert fast schulbuchmäßig – und teilweise auch hart an der Grenze zum Dozierenden – die Kennzeichen der Erkrankung, bleibt aber immer in der Außenperspektive. Mit den Augen Davids blickt der Zuschauer verständnislos auf Helen, erfährt zwar eindrücklich, wie zerstörerisch sich diese Krankheit auf das bisherige Leben und die Beziehungen auswirkt, bekommt aber kein Gefühl dafür, was eigentlich in Helen vorgeht. Zu düster für eine Mainstream-Produktion wäre der Film wohl geworden, wenn Nettelbeck versucht hätte, die selbstzerstörerische Befindlichkeit in Bilder umzusetzen. So bleibt ein stark gespieltes, dichtes Melodram, an dem allerdings nicht nur die geschmäcklerische Farb- und Lichtdramaturgie, sondern mehr noch die Parallelgeschichte mit der jungen Studentin stört, die der deutschen Regisseurin schließlich auch ermöglicht den Film mit einem „Bauernopfer“ allzu zu optimistisch und unglaubwürdig enden zu lassen.
Spielboden Dornbirn: Do 26.1., Di 7.2., Sa 10.3. – jeweils 20.30 Uhr