Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 19. Dez 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (20.12. - 26.12. 2010)

Gegensätzliches präsentieren die Vorarlberger Filmclubs diese Woche: Während Jan Tenhaven in "Herbstgold" fünf über 80-jährige, gleichwohl immer noch ehrgeizige SportlerInnen porträtiert, gelang Laurent Tirard mit "Der kleine Nick" eine bezaubernde Verfilmung von Sempé/Goscinnys Kinderbuchklassiker.

Herbstgold: Sie sind über 80 und ihr großes Ziel ist die Leichtathletik-WM für Senioren im finnischen Lahti. – Jan Tenhaven porträtiert fünf Sportler, die auch im Alter nicht den Kopf hängen lassen, sondern voll Ehrgeiz nach dem Motto trainieren: „Der Körper mag nicht mehr schön sein, aber Hauptsache ist, dass er funktioniert.“ Ganz auf die italienische Diskuswerferin Gabre Gabric, die ihr Alter nicht verraten will, aber stolz erklärt, dass sie ihren ersten internationalen Wettkampf 1936 bestritten hat, den 83-jährigen tschechischen Hochspringer Jiří Soukup, die 85-jährige deutsche Kugelstoßerin Ilse Pleugel, den 93-jährigen schwedischen Sprinter Herbert Liedtke und den 100-jährigen Wiener Diskuswerfer Alfred Proksch konzentriert sich der deutsche Dokumentarfilmer.
Für ihre Lebensgeschichte und ihr soziales Umfeld interessiert er sich kaum, streift eher kurz den Schmerz über den Verlust der Frau oder das Verhältnis zu Frauen allgemein, fokussiert ansonsten auf die Vorbereitung für den großen Wettkampf. Dieser gibt den parallel entwickelten Porträts eine Zielorientierung auf einen großen Höhepunkt hin. Davor freilich steht hartes Training, ist auch von körperlichen Beschwerden die Rede, muss der 100-Jährige sogar befürchten aus gesundheitlichen Gründen gar nicht teilnehmen zu können. „Dabei sein ist alles“ zählt für diese Senioren nicht: Gewinnen wollen sie in Finnland – und ebenso witzig wie herzerwärmend ist es zuzuschauen, wie sie ihre Konkurrenten beobachten oder über sie sprechen.
Leicht könnte ein Film, der seinen Protagonisten so nahe kommt, ins Voyeuristische abgleiten, doch man spürt stets die Liebe und Bewunderung Tenhavens für die mit Bedacht ausgewählten Sportler. Geschickt wird dabei auch Pathos, das leicht aufkommen könnte durch warmherzigen Humor abgefedert.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: bis Di, 21.12.


Das kleine Nick: René Goscinnys und Jean-Jacques Sempés „Le petit Nicolas“ gehört zweifellos zu den Klassikern der Kinderliteratur. Dennoch hat es rund 50 Jahre gedauert, bis diese Geschichten für die Leinwand adaptiert wurden. Laurent Tirard versucht dabei glücklicherweise nicht die Vorlage zu aktualisieren, sondern verschiebt sie nur von den später 50er in die frühen 1960er Jahre. Die liebevolle Rekonstruktion dieser Zeit mit bonbonfarbenen Möbeln und Kleidern trägt wesentlich zum Charme des Films bei. In jeder Szene spürt man hier Tirards Liebe zur Vorlage – und diese Liebe überträgt sich fast zwangsläufig auf den Zuschauer.
Vor diesem atmosphärisch genau getroffenen Hintergrund wird eine rasante Geschichte erzählt: Weil Nicolas vermutet, dass seine Eltern ein zweites Kind bekommen und dass er dann im wahrsten Sinne des Wortes entsorgt wird, versucht er, unterstützt von seinen Mitschülern, sich unentbehrlich zu machen. Während auf dieser Kinderebene mit immer neuen Plänen die Handlung vorangetrieben wird, erzählt Tirard auf der Erwachsenenebene ohne Scheu vor Klamauk von Nicolas´ Eltern.
Ungemein ereignisreich, aber nie hektisch ist „Der kleine Nick“ inszeniert. Souverän kontrolliert Tirard das Erzähltempo, ist ganz auf Augenhöhe mit den kleinen hinreißend besetzten und wunderbar prägnant charakterisierten Jungs und lässt den Zuschauer viel mit ihnen, aber nie über sie lachen.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 22.12. + Do, 23.12. – jeweils 20 Uhr; Sa, 25.12., 22 Uhr