Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 01. Sep 2016 · Film

Aktuell in den Filmclubs (2.9.. - 8.9. 2016)

Das Rankweiler Open-Air-Kino "Filme unter Sternen" geht für heuer mit dem französischen Biopic „Monsieur Chocolat“ zu Ende. Im Kinotheater Madlen in Heerbrugg läuft das von einem wahren Fall inspirierte chilenische Drama „Aqui no ha pasada nada“.

Monsieur Chocolat: Rafael Padilla (Omar Sy) machte zu Beginn des 20. Jahrhunderts als erster schwarzer Clown in Frankreich Karriere, feierte zusammen mit dem britischen Clown Footit (James Thierrée) als Duo Footit & Chocolat Triumphe im Pariser Cirque Nouveau, bekam aber dennoch immer immer auch den Rassismus der Weißen zu spüren.
Es ist Roshdy Zem hoch anzurechnen, dass er eine weitgehend vergessene Geschichte erzählt und einem Unbekannten ein Denkmal setzt. Atmosphärisch stark und mit prächtiger Ausstattung lässt er die Belle Époque wieder auferstehen, bleibt aber bei aller Kritik am Rassismus auch zwiespältig, weil er das Kinopublikum wie das Zirkuspublikum von einst über die rassistischen Clownnummern lachen lassen will.
Nicht zu übersehen ist auch trotz der blendend harmonierenden und sichtlich mit Vergnügen agierenden Hauptdarsteller Omar Sy und James Thiérrée, dass Zem den Stoff nicht ganz in den Griff bekommen hat. Handwerklich ist „Monsieur Chocolat“ zwar durchaus solide gemacht, aber zu viel packt Zem letztlich hinein, entfaltet zwar einen ereignisreichen Bilderbogen, bleibt dabei aber an der Oberfläche. Kein Thema oder Konfliktfeld wird überzeugend ausgearbeitet, sondern ohne wirkliche dramatische Steigerung wird Szene an Szene gereiht.
Zu sehr verlässt sich Zem auf Schauspieler und Ausstattung, vergisst aber völlig mit seiner Regie Akzente zu setzen. Temporeich und unterhaltsam ist zwar die erste Hälfte, doch je mehr dieses Period-Piece unentschlossen zwischen der Geschichte der Freundschaft der beiden Clowns, einer großen Liebe Chocolats und seiner Emanzipation zu pendeln beginnt, desto mehr stellen sich auch Längen ein und es bleibt ein zwar ehrenwerter Film, der aber letztlich seinem Thema nicht gerecht wird.
Filme unter Sternen – Open-Air-Kino auf dem Marktplatz Rankweil: Fr 2.9., 21 Uhr


Aqui no ha pasada nada:
Betrunkene junge Chilenen fahren nachts einen Mann nieder und begehen Fahrerflucht. Obwohl das Unfallopfer stirbt, erreichen die Schuldigen, die ausgeforscht werden, mittels Geld und Beziehungen, dass sie straflos davonkommen.
Hautnah ist die bewegte Handkamera in Alejandro Fernández Almendras von einem wahren Fall inspirierten Film von Anfang an den Jugendlichen dran. Zeitinserts datieren das Geschehen, mit eingeblendeten SMS wird Einblick in ihre Kommunikation geboten, treibende Musik von zahlreichen zeitgenössischen chilenischen Bands erzeugt Atmosphäre.
In der Nähe zu den Figuren vermittelt Almendras dicht und authentisch das Lebensgefühl, den Hedonismus und die Orientierungslosigkeit dieser reichen Jugend, doch bekommt man in dieser Nähe, in dieser Beschränkung auf das Hier und Jetzt und den Verzicht auf alle biographischen Hintergrundinfos und jede Psychologisierung auch kaum Zugang zu den Figuren, kann sich kaum in sie hineinversetzen.
So authentisch der mittels Crowdfounding finanzierte Film in seinem ungeschminkten und vitalen Handkamerastil auch wirkt, eine komplexere Durchleuchtung der Gesellschaft lässt er doch ebenso vermissen wie einen überzeugenden dramaturgischen Aufbau.
Durchgängig mitreißen kann „Aqui no ha pasada nada“ folglich nicht, auch wenn das Engagement und die sichtliche Erregung des Regisseurs, die im finalen Satz „Dieses Land ist zum Kotzen“ auf den Punkt gebracht wird, nicht zu übersehen ist und immer wieder aufrüttelt.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 5.9., 20.15 Uhr