Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 12. Sep 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (13.9. - 19.9. 2010)

An Education: Eine Musterschülerin ist die 16-jährige Jenny, träumt aber mehr von Juliette Greco, von Zigaretten und der Metropole Paris als vom Studium in Oxford, an das ihre Eltern denken. Tanzlokale und ausgeflipptes Leben kommt für den Teenager Anfang der 60er Jahre im Londoner Vorort Twickenham kaum in Frage. Doch dann lernt Jenny den etwa doppelt so alten David kennen. Nicht nur sie umgarnt dieser mit seinem Charme, sondern wickelt schnell auch Jennys strengen Vater um den Finger. Auf geht es da bald zu ausgelassenen Abendveranstaltungen, bald auch zu einem Ausflug nach Oxford und schließlich gar nach Paris. Verdachtsmomente, die Zweifel an der Anständigkeit des Geliebten wecken könnten, werden rasch beiseite geschoben, möchte man sich den Traum doch nicht zerstören lassen. So macht Jenny eine andere Erziehung durch, die Schule freilich kommt dabei zu kurz. – Und was bleibt, wenn die Träume doch zerplatzen sollten?
Mit viel Charme und Esprit hat die Dänin Lone Scherfig diese bittersüße Liebes- und Coming-of-Age-Geschichte nach den Erinnerungen von Lynn Barber inszeniert. Pointiert sind die Dialoge, hinreißend ist die an Audrey Hepburn erinnernd Carey Mulligan als Jenny, Peter Sarsgaard brilliert als charmanter Lebenskünstler David und Alfred Molina und Cara Seymour spielen mit sichtlichem Vergnügen Jennys stockkonservative Eltern. – Kaum ein Zeitbild ist das, aber geschliffenes und gescheites Kino, das einerseits bestens unterhält, andererseits auch einen Diskurs über Schulbildung und Lebensbildung bietet und zeigt, dass, auch wenn letztere viel mehr Genuss bietet, letztlich einzig erstere weibliche Emanzipation aus der Abhängigkeit des Mannes ermöglicht.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz:
Mi, 15.9., 20 Uhr + Fr, 17.9., 22 Uhr


Muxmäuschenstill:
Das Fehlverhalten der Bürger im Staate Deutschland will der etwa 30jährige, philosophisch gebildete Mux nicht länger hinnehmen. Er beschließt in dieser Gesellschaft, die die Ideale verloren hat, für Ordnung zu sorgen und den deutschen Bürger endlich in die Pflicht zu nehmen: Autorasern wird das Lenkrad abmontiert, Hundebesitzer, deren Haustiere den Gehsteig verunreinigen, müssen die Nase in die Ausscheidungen ihrer Liebsten stecken, Männer, die ins Schwimmbecken pinkeln, werden an den Pranger gestellt und Sprayern wird ihre Farbe ins Gesicht gesprüht.
Unterstützt wird Mux von dem Langzeitarbeitslosen Gerd, der die Strafaktionen des selbsternannten Ordnungshüters auf Video festhält. Diese Filme wiederum werden zur Schulung eingesetzt, um die Bevölkerung auf die herrschenden Missstände aufmerksam zu machen und ein Netz von Helfern und Denunzianten aufzubauen…
Ohne jede Förderungen, mit dem minimalen Budget von 40.000 Euro hat der Schauspieler und Theaterregisseur Marcus Mittermeier diese Selbstjustiz-Satire inszeniert und auf Anhieb beim Max-Ophüls Preis 2004 neben dem Hauptpreis auch noch mehrere andere Auszeichnungen errungen.
Zurückzuführen ist dieser Erfolg auf das mitreißende Tempo und die trendige Machart. Ideal besetzt sind die Hauptrollen Mux und Gerd mit Jan Henrik Stahlberg, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, und Fritz Roth. Förmlich hineingezogen in das Geschehen wird der Zuschauer vor allem am Beginn durch die Verwendung dokumentarischer Stilmittel. Mit Inserts zu Zeit und Ort der Ereignisse, aber auch durch das Filmen mit einer kleinen und sehr beweglichen DV-Kamera, die immer nah an den Figuren ist, wird der Eindruck von Authentizität geschaffen.
Geschickt erzeugt Mittermeier durch Ich-Kommentare seiner Hauptfigur auch immer wieder Identifikation mit diesem Psychopathen. Sogar sympathisch wirkt Mux stellenweise mit seinem Aufruf zu Würde, Ehre und Verantwortung, doch gleich darauf wird dieser Eindruck wieder verwischt, wenn der Saubermann zu drastischen Mitteln greift.
Von einer Szene zur nächsten hetzt diese schwarze Komödie, an Einfallsreichtum fehlt es nicht, doch ein unübersehbares Manko ist der fehlende dramaturgische Aufbau. Aber auch wenn hier nicht eine stringente Geschichte erzählt, sondern nur einzelne Episoden pointengierig aneinandergereiht werden, so bietet „Muxmäuschenstill“ doch einen ebenso aufschlussreichen wie amüsant-schockierenden Einblick in die deutsche Befindlichkeit.
Spielboden Dornbirn:
Do, 16.9., 20.30 Uhr + Mi, 27.10., 20.30 Uhr