Aktuell in den Filmclubs (13. - 19.2. 2012)
Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche mit "Nader und Simin - Eine Trennung" ein brillant konstruiertes packendes Drama, das einen tiefen Einblick in die Zerrissenheit der iranischen Gesellschaft gibt. Vor allem mit prachtvollen Bildern punktet dagegen "Russlands Wildnis - Im Reich der Bären, Tiger und Vulkane", der im Takino Schaan auf dem Programm steht.
Nader und Simin – Eine Trennung: Goldener Bär bei der Berlinale, Golden Globe als bester fremdsprachiger Film, London Critic´s Circle Film Award, Oscar-Nominierungen für das beste Drehbuch und als bester nicht englischsprachiger Film – die Liste der Preise, die „Nader und Simin – Eine Trennung“ einheimste ließe sich noch fortsetzen. Mag inzwischen zwar fast jeder Arthouse-Film auf Preise verweisen, so renommierte kann doch kaum einer vorweisen. Ganz sperrig kann das Werk damit kaum sein, muss durchaus auch einen Drive haben der das Publikum packt.
Und diesen Zug und Drive hat „Nader und Simin – Eine Trenung“ von der ersten Einstellung an, wenn die Eheleute vor dem Richter um ihre Scheidung bitten, weil sie ins Ausland will, er aber im Iran bleiben will, um seinen dementen Vater zu pflegen. So wenig man bei diesem Auftakt Position beziehen kann, so wenig kann man es in der Folge bei diesem iranischen „Rashomon“. Wenn Nader plötzlich vor den Richter zitiert wird, weil er die für die Pflege des Vaters engagierte Frau aus der Unterschicht ziemlich scharf aus der Wohnung geworfen hat, scheint noch alles klar, doch bald werden Lügen sichtbar, die die Situation unter neuem Licht sehen lassen. Aber auch die Pflegerin nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau, verschweigt Wesentliches.
Brillant geschrieben und großartig gespielt ist dieser Diskurs über die Fragwürdigkeit absoluter Wahrheit angesichts unterschiedlicher sozialer Milieus, perfekt greift hier ein Rädchen ins andere. In Bann schlägt dieser Film mit seinen ständigen Positionswechseln den Zuschauer und bietet gleichzeitig einen Einblick in die iranische Gesellschaft, in der sich eine tiefe Kluft zwischen der liberalen Oberschicht und der in muslimischen Traditionen tief verwurzelten Unterschicht auftut.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 15.2., 20 Uhr; Fr 17.2., 22 Uhr
Russlands Wildnis – Im Reich der Bären, Tiger und Vulkane: Vom Winter über Sommer und Herbst bis wieder in den Winter spannt Jörn Röver den Bogen bei dieser Kurzfassung seiner TV-Doku. So ist der Film zwar zeitlich schlüssig aufgebaut, erlaubt sich aber geographisch völlig willkürliche Sprünge von Kamtschatka in den Kaukasus oder vom Ural zum Baikalsee. Überblick über die Geographie Russlands bekommt man so nicht, kann sich aber von grandiosen Einzelszenen begeistern lassen.
Da vermittelt schon gleich einmal eine fantastische Flugaufnahme eine Ahnung von der Größe Russlands, ehe der Film in die winterliche Eiswüste eintaucht. Hautnah ist die Kamera an Eisbären, Robben und Wölfen dran. Doch wenn der Kommentar von Siegfried Rauch einsetzt, wird es bald problematisch. Wenn nämlich Raben sich am Rodeln erfreuen, wenn einem Amurtiger Gedanken zugeschrieben werden, wird die Tierwelt unpassend menschlich und putzig. Blumig wird zudem die Sprache, wenn es heißt „das Land ist gefangen in einem gläsernen Sarg“ oder „der eisige Atem des Winters hat sein erstes Werk getan.“
Ausblenden muss man diesen Kommentar und sich auf die spektakulären Bilder konzentrieren. Mal vermittelt die Kamera einen Eindruck von der bizarren Welt des Arktischen Meeres, mal fängt sie in Zeitlupe den Kampf zweier Adler oder die Lachsjagd von Bären ein und ist dabei, wenn zwei Moschusochsen bei ihrem Revierkampf mit 50 km/h aufeinander krachen.
So überwältigt „Russland – Im Reich der Tiger, Bären und Vulkane“ den Zuschauer mit optischen Sensationen, lässt ihm in der schnellen Szenenfolge aber nie die Zeit in diese Welt wirklich einzudringen. - Ein Film wie ein Hochglanz-Bildband mit wenig Text.
Takino Schaan: Fr 17.2., 14.30 Uhr