Eine Heldenreise mit Beethoven
Im Pforte-Programm 2 am Freitagabend gab es ein Wiedersehen mit dem Pforte Kammerorchester Plus im Festsaal der Stella Musikhochschule
Michael Löbl · Apr 2024 · Musik

Die Erfolgsgeschichte der Pforte-Reihe in Feldkirch ist um einen weiteren Höhepunkt reicher. Das Pforte Kammerorchester Plus und die polnische Geigerin Maria Włoszcowska beschenkten das Publikum mit einem denkwürdigen Beethoven-Abend.

Die Beethoven-Reihe im Rahmen der Pforte-Konzerte genießt mittlerweile beinahe schon Kultcharakter. Die Symphonien 4, 6 und 7 waren bereits zu hören, immer ohne Dirigenten, ein prominenter Geiger übernahm die Doppelrolle als Konzertmeister und Leiter des Ensembles. Besonders die Symphonie Nr. 4 mit Maria Włoszcowska hinterließ bei den Zuhörer:innen einen nachhaltigen Eindruck.

Greatest Symphony of all Time

Nun also die „Eroica“, Beethovens dritte Symphonie, die bei einer Umfrage der Zeitschrift „Gramophone“ unter 150 Dirigenten zur „Greatest Symphony of all Time“ gewählt wurde. Sie begründet nach Haydn, Mozart und Beethovens ersten beiden Symphonien eine ganz neue Epoche der Musikgeschichte. Im ersten Konzertteil spielte Maria Włoszcowska Beethovens Violinkonzert op.61.     
Die Pforte-Konzerte sind ja als Gesamtpaket mit Nahrung für Geist, Körper und Seele konzipiert. Es beginnt mit dem „Impuls um halb“ im Pförtnerhaus, für das Orchesterkonzert wechselt man dann in den Festsaal der Stella Hochschule, um mit einem Buffet wiederum im Pförtnerhaus den Abend bei Speis und Trank ausklingen zu lassen. Bei „Impuls um halb“ geht es meist um das Jahresmotto der Reihe und den speziellen Konzerttitel, in diesem Fall „Die Heldenreise – zwischen Neugier und Angst.“ Zu diesem Thema entwickelte der deutsche Biologe und Philosoph Andreas Weber hochkomplexe Zusammenhänge, die hoffentlich zumindest ein Teil der zahlreichen Interessierten verstanden hat. 

Südafrika und Kolumbien

Das Pforte Kammerorchester Plus setzt sich zusammen aus Student:innen der Stella Musikhochschule und jungen Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien. Im Saal angekommen überrascht zunächst einmal die Besetzung. Aus akustischen Gründen hat man den zehn Ersten Geigen eine ungewöhnlich große Bassgruppe mit sechs Celli und vier Kontrabässen gegenübergestellt. Das erklärt den unglaublichen „Wumms“ dieses Orchesters, das mit Ausnahme der Celli das gesamte Programm stehend musiziert. An die hyperaktive Körpersprache von Maria Włoszcowska muss man sich ganz kurz erst einmal gewöhnen, aber vermutlich könnte sie mit geringerem körperlichem Einsatz ihr Konzept gar nicht verwirklichen. In ihrer Rolle als Konzertmeisterin und Solistin gleichzeitig erreicht sie eine faszinierende Verschmelzung von Orchester und Solostimme. Ihre Interpretation dieses viel gespielten Werkes ist intensiv, fantasievoll, sehr frei gestaltet, voller überraschender Details und vor allem keine einzige Sekunde langweilig. Maria Włoszcowska kennt vermutlich die zeitgenössischen Berichte über den Geiger Franz Clement, dem Beethoven sein Konzert gewidmet hat: „Es ist nicht das markige, kühne, kräftige Spiel, das ergreifende, eindringende Adagio, die Gewalt des Bogens und Tones, welche die Rodesche und Viottis Schule charakterisiert: aber eine unbeschreibliche Zierlichkeit, Nettigkeit und Eleganz; eine äußerst liebliche Zartheit und Reinheit des Spiels, die Klement unstreitig unter die vollendetsten Violinspieler stellt. Dabey hat er eine ganz eigene Leichtigkeit, welche mit den unglaublichsten Schwierigkeiten nur spielt.“ Clements Stil scheint also meilenweit entfernt gewesen zu sein von Solist:innen wie David Oistrach, Itzhak Perlman oder Anne-Sophie Mutter, deren Interpretationen aber selbstverständlich ebenso ihre Berechtigung haben. 

High Energy Beethoven

Die wirklich unglaubliche Energie, die von diesem Ensemble ausging, wurde nach der Pause noch einmal gesteigert. Wie ein Wirbelsturm fegte der erste Satz der „Eroica“ durch den Saal, unglaublich schnell, trotzdem aber minutiös ausgearbeitet und voller ungewöhnlicher Wendungen. Ein Sonderlob gebührt den Bläser:innen, die ihre anspruchsvollen solistischen Aufgaben im Trauermarsch, dem Scherzo und im Finale bravourös meisterten. Ein derartiger Level an Energie wäre von einem Berufsorchester mit fest angestellten Musiker:innen vermutlich gar nicht zu erreichen, auch die Leitung des Ensembles durch die Konzertmeisterin ermöglicht eine direkte Interaktion mit Musiker:innen oder Instrumentengruppen, die von einem Dirigenten nur schwer umzusetzen wäre. Jetzt gibt es eigentlich kein Zurück mehr, die Pforte sollte auch die restlichen Beethoven-Symphonien im Laufe der nächsten Jahre in ihr Programm aufnehmen. Sie sind inzwischen zu einem der Markenzeichen dieses Zyklus geworden, und der zweimal restlos ausverkaufte Saal beweist die große Zustimmung des heimischen Publikums.

www.pforte.at
www.mariawloszczowska.com

 

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