Ed Partyka Jazz Orchestra feat. Julia Oschewsky: Hold Your Fire Peter Füssl · Mär 2023 · CD-Tipp

Längst zählt der aus Chicago stammende, seit mehr als dreißig Jahren in Deutschland und Österreich lebende und in unseren Breitengraden als langjähriges Mitglied des Vienna Art Orchestra bestens bekannte Bassposaunist, Tubist und Arrangeur Ed Partyka zu den gefragtesten Big Band- und Jazzorchester-Leitern Europas. Derzeit ist er Leader des Zurich Jazz Orchestra und des UMO Helsinki Jazz Orchestra, wenn er nicht gerade mit seinem eigenen achtzehnköpfigen Ed Partyka Jazz Orchestra unterwegs ist.

Oberflächlich betrachtet bewegt sich Partyka zwar im traditionellen, von den renommierten Jazzorchestern abgesteckten Rahmen, bei genauerem Hinhören wird man aber rasch auf seine ausgeklügelten Instrumente-Kombinationen, seine raffinierten Klangerkundungen und seine diffizilen Arrangements aufmerksam, die den Stücken einen ganz speziellen Reiz verleihen. Beim Arrangieren kreativ zu sein, betrachtet Partyka als sein eigentliches Vergnügen, wohingegen er Komponieren als „unfassbar harte und mühsame Arbeit“ erachtet. Das überlässt er folglich lieber der 41-jährigen, aus dem Rheinland stammenden Sängerin Julia Oschewsky, aus deren Feder drei der fünf Titel stammen. Sie hat schon vor 11 Jahren die Stelle der israelischen Vokalistin Efrat Alony in Partykas Orchestra übernommen, das vorliegende Album ist bereits ihr viertes gemeinsames, und der Bandleader weiß natürlich mittlerweile sehr genau, wie er Oschewskys Stimme instrumental umgarnen muss, um sie am besten zur Geltung zu bringen. Ihr fast neunminütiges „Hold Your Fire“, Opener und Titelstück zugleich, offenbart gleich schon die ebenso kreative wie vielschichtige und abwechslungsreiche Tonkunst Partykas. Das sich in den Lyrics um innere Ängste, denen man sich stellen soll, drehende Stück entwickelt einen mitreißenden Drive, über den der Posaunist Simon Harrer kraftvoll soliert, ehe ein durch lyrische Pianoklänge eingeleitetes Interlude unvermittelt einen völligen Stimmungswechsel bringt, der sich schließlich wieder in schneidig voranpreschenden Klängen entlädt. „Isabelle“ tänzelt leichtfüßig daher und kontrastiert gekonnt Hoch- und Tieftöner, ehe Oschewsky darüber sinniert, ob es Segen oder Fluch wäre, eine Statue aus Stein zu sein – getoppt von einem in brillanten Höhen gipfelnden Trompetenlauf von Benny Brown. Der Closer „Dead Man“ ist eine farbenreich hingetupfte Hymne, in der die im Yin Yoga ausgebildete Sängerin die stressbefreiende Wirkung besingt, die man durch die gleichnamige Yoga-Pose erreichen kann. Aber auch zwei interessante Fremdkompositionen sind zu finden. Roberta Flack hat auf ihrem 1969 veröffentlichten Debüt-Album „First Take“ den traditionellen Gospelsong „I Told Jesus“ bekannt gemacht, der sich hier in eine wundervoll bluesige Ballade verwandelt, umspielt von einem faszinierenden Bläsergewirr und einem inbrünstigen Tenorsax-Solo Malte Schillers. Und vom 2017-er Album „Pleasure“ der kanadischen Indie-Pop-Singer-Songwriterin Leslie Feist stammt „I’m Not Running Away“. Deren räudige Gitarrenriffs ersetzt Partyka durch poppig vorantreibende Drums, coole Bläsereinwürfe und ein emotionsgeladenes Trompetensolo von Tobias Weidinger. Diese Fassung ist fast dreimal so lang wie das Original – aber man möchte keine Sekunde missen. Was übrigens für das gesamte Album gilt.

(Neuklang/Bauer Studios)

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