Dreifaches Jubiläum
Die Brassband Vorarlberg feierte am Samstag in der Kulturbühne AMBACH gleich dreifach: 100 Jahre Vorarlberger Blasmusikverband, die Uraufführung von G. Gershwins „Rhapsody in Blue“ aber auch Anton Bruckers 200. Geburtstag. Das Projekt mit Konzerten in Hittisau und Götzis war eine Kooperation der Brassband Vorarlberg mit dem Blasmusikverband und der Stella Musikhochschule.
Michael Löbl · Feb 2024 · Musik

Wer Blasmusik in all ihren Facetten mag, sollte das Jahr 2024 in Vorarlberg verbringen. Der Vorarlberger Blasmusikverband besteht seit genau 100 Jahren und bereits in den ersten vier Wochen des Jahres gab es drei sehr unterschiedliche Veranstaltungen mit Bezug zu diesem Thema. Immer vor Ort aber auch auf der Bühne: Landesobmann Wolfram Baldauf, der seit 22 Jahren die Geschicke dieses Verbandes leitet und keine Gelegenheit auslässt, um seine Mission unter das Volk zu bringen. Eigentlich unvorstellbar, dass er sein Amt schon bald in jüngere Hände legen wird.

Brassband Vorarlberg, das sind 30 Musiker:innen an Blechblasinstrumenten inklusive Schlagwerk in einer ganz speziellen Besetzung bestehend aus Kornetts, Flügelhörnern, Baritonen, Euphonien, Posaunen, Tuben und vier Schlagzeugen. Der Grund, warum sich ausgerechnet diese Zusammenstellung einer traditionellen Brassband nach englischem Vorbild durchgesetzt hat, sind Energie und Klang. So wurde man zur Eröffnung des Abends gleich durch das monumentale Finale der Achten Symphonie von Anton Bruckner überrumpelt, das Peter Graham seinem Stück „On the Shoulders of Giants“ zugrunde gelegt hat. Der nächste Jubilar im Programm, denn vor 200 Jahren wurde der große oberösterreichische Symphoniker geboren.
Geleitet wird die Brassband Vorarlberg seit nunmehr acht Jahren von Benjamin Markl. Der äußerst sympathische und kompetente Dirigent führte sein Ensemble souverän durch das anspruchsvolle Programm, fand bei jedem der stilistisch unterschiedlichen Werke sofort den richtigen Ton und freute sich sichtlich über jedes gelungene Solo. Die wirklich abwechslungsreiche und hochklassige Auswahl der Musikstücke unterschied sich wohltuend von den sonst üblichen Blasmusik-Programmen mit oft wenig Vielfalt und meist sehr monochrom klingenden Werken. Eine Entdeckung ist die unglaublich virtuose und originell instrumentierte Suite „Salute to Youth“ des englischen Komponisten Gilbert Vinter. Hier konnten alle „Sections“ der Brassband Vorarlberg und ihre dazugehörigen Solist:innen ihr instrumentales Können zeigen. Ein wirklich gut komponiertes Stück, dazu auch brillant gespielt.

George Gershwins Geniestreich

Es folgte jenes Stück, das dem Programm seinen Namen gab: „Rhapsody in Blue“. Ebenfalls ein Jubiläum, denn vor 100 Jahren wurde George Gershwins allseits beliebtes Meisterwerk in New York uraufgeführt, der Komponist saß damals selbst am Flügel. Seit dieser Premiere haben sich verschiedenste Versionen dieses Erfolgsstückes etabliert, für kleine und größere Besetzungen, für Bläser alleine oder für großes Orchester. Jan Ströhle hat für dieses Konzert eine weitere Fassung für Brassband arrangiert. Sie funktioniert erstaunlich gut und verleiht dem Werk erfrischend neue Klangfarben. 
Den Solopart spielte Yunus Kaya, Vorarlberger Pianist mit türkischen Wurzeln und Dozent an der Stella Musikhochschule. Er ist in erster Linie als Beethoven- oder Brahms-Interpret bekannt, also des klassischen Repertoires. So gesehen ist es durchaus konsequent, dass er George Gershwins „Rhapsody in Blue“ nicht als lockere Jazz-Nummer versteht, die man mal so nebenbei aus dem Ärmel schüttelt. Yunus Kaya nimmt jede einzelne Passage und jedes Detail des Werkes ernst, gestaltet die einzelnen Abschnitte individuell mit wohlüberlegter Agogik und differenzierter Dynamik. Wobei es ihm das versammelte Blech nicht immer leicht macht, sich Gehör zu verschaffen. In seiner Interpretation wird die „Rhapsody in Blue“ zu einem vollgültigen Klavierkonzert in der Tonsprache der Stadt New York in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Den technisch anspruchsvollen Klavierpart meistert Yunus Kaya souverän. Die Zugabe, virtuos und witzig interpretiert, passte perfekt in das Programm: Gershwins „Summertime“ in einer Fassung des türkischen Pianisten Fazıl Say. 

Ein spezielles Klangerlebnis

Das Thema Jubiläum setzte sich nach der Pause mit der Uraufführung der Jubiläumsfanfare von Thomas Ludescher fort. Sie soll als Erkennungsmusik fungieren, die das Jubiläumsjahr des Vorarlberger Blasmusikverbandes begleitet und bei zahlreichen Veranstaltungen bis zum Jahresende zu hören sein wird. Auf den jazzigen „The Builders Blues“ des Schweizers Stephan Hodel folgten zunächst „Peace“ von Kenneth Downie, ein wunderbar ruhiges, stimmungsvolles Stück, mit dem die Brassband Vorarlberg ihre lyrischen Qualitäten zeigen konnte, sowie die Titelmusik zum Film „Back to the Future“ von Alan Silvestri. Die beiden Schlussstücke sind persönliche Favoriten des Dirigenten Benjamin Markl: „The Dreaded Groove and Hook“ von Simon Dobson sowie die Zugabe „Symphonic Soul“ von Henry Mancini.
Hubert Dragaschnig führte wohltuend zurückhaltend durch das Programm, in dem die spezielle Klangwelt einer traditionellen Brassband wunderbar zum Ausdruck kam. Der ganz eigene runde Klang sowohl im Piano als auch im Fortissimo aber auch die gewaltigen dynamischen Steigerungen auf kleinstem Raum sind wirklich etwas Besonderes. 2025 wird es wieder ein Jubiläum geben: Die Brassband Vorarlberg wird zehn Jahre alt. Wir freuen uns bereits jetzt auf ein fulminantes Konzert.

https://www.brassband-vorarlberg.at
https://yunus-kaya.com

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