Don’t worry, iss Vanillepudding – aber bitte mit Himbeersauce
Uraufführung von Heidi Salmhofers neuem Stück
Anita Grüneis ·
Sep 2024 · Theater,Tanz
„Ich lass mir mein Leben nicht madig machen. Ich liebe mich. Das war’s. Fertig!“ Und schon wird es dunkel auf der kleinen Bühne im Kulturhaus Rössle in Mauren. Die Uraufführung von Heidi Salmhofers Stück „Vanillepudding schmeckt nur mit Himbeersauce“ ist zu Ende, das anwesende Publikum begeistert und zeigt dies auch mit langem Applaus. Eine gute Stunde dauerte die Uraufführung, zu dem die Kulturbeauftragte der Gemeinde Mauren, Elisabeth Huppmann, die auch für den Betrieb und das Programm des Kulturhauses zuständig ist, bei der Begrüßung meinte: „Es ist ein bildlich gewordenes Kopfkino und soll Menschen einen Schubs geben.“
Jener Schubs, der damit gemeint ist, bezieht sich auf das im Stück behandelte Thema des Sterbens. In „Vanillepudding schmeckt nur mit Himbeersirup“ erinnert sich eine todkranke Frau an Begebenheiten in ihrem Leben, sinniert über das Leben an sich und den Tod und meint: „Wir tun uns selbst keinen Gefallen, wenn wir uns mit der Sinnhaftigkeit befassen“. Heidi Salmhofers Sicht auf das Sterben ist geprägt durch ihre Großmutter, wie sie in einem Interview erzählte: Ihre Oma habe sich als Atheistin am Ende ihres Lebens doch gefragt, „ob nicht vielleicht doch noch etwas kommen könnte, irgendetwas, auf das ich neugierig sein könnte“.
Was kommt vor der Geburt?
Und das fragt sich auch die sterbende Frau im Stück. Als sie die Diagnose ihrer tödlichen Krankheit erfährt, weint sie. Aber dann verwandelt sich ihre Angst in Neugier, denn sie stellt fest: „Die Geburt ist wie der Tod: Niemand fragt, wie Leben vor der Geburt aussieht.“ Und so weiß auch niemand wie das Leben nach dem Tod aussieht, oder besser das Sein nach dem Tod, denn das Leben ist dann ja vorbei. Die Frau bringt ihr Dasein auf einen einfachen Nenner: „Ich atme, ich esse, ich denke. Also bin ich.“ Und oft erinnert sie sich an früher, an die Zeit mit den Dia-Abenden, und so konstatiert sie: „Sterben ist ein bisschen wie diese ewig langen Diashows, die man früher aushalten musste.“ Ihr Vater hatte alle paar Monate neue Abende dieser Art veranstaltet.
Sie erinnert sich auch gerne an den Geruch des Pfeife rauchenden Opas und bedauert gleichzeitig, dass heute kaum noch jemand Pfeife rauche. Diese „Geruchserinnerungen“ lassen sie überlegen, ob sie einem ihrer vielen Ex-Liebhaber mitteilen soll, dass sie sterben wird, damit er ihre vergessenen T-Shirts nicht wäscht und so auch von ihr eine Geruchsspur bleibt. Denn sie hinterlässt sonst nichts. Keinen Mann, keine Kinder und bekennt: „Meine Liebe hätte ich auch gerne noch jemandem geschenkt.“
Bunter Fächer über das Sterben
Das Stück schlendert zwischen den persönlichen Ansichten der Autorin über Sinn und Unsinn des Lebens und Sterbens und ein bisschen Struktur dahin. Der „beste Todespfleger ever“ Peter kommt als Stimme vom Band auf die Bühne (Yves Müller). Er erinnert an die Einnahme der Tabletten und überhaupt daran, dass das Ganze vielleicht in einer Palliativstation spielen könnte. Auf der Bühne sind drei beige Riesen-Sitzsäcke zum „Drauflümmeln“, was auch häufig getan wird. Mehr braucht es nicht, um Heidi Salmhofers bunten Fächer über die Ansichten des Sterbens zu öffnen. Die Empfindungen werden zu einer eher tristen Musik getanzt und damit outgesourct.
Die Tänzerin Nina Ritter weiß genau, wie sie Gefühle in Bewegung umsetzen muss, um den Emotionen Gestalt und Leben zu geben. Sie füllt die Bühne mit ihren ausdrucksstarken Emotionen, auch mit ihrer Mimik, bebildert die Welt der todkranken Frau auf ihre eigene Art und setzt so ein sprachloses Gegengewicht. Da bleibt der sterbende Frau nicht viel übrig. Und so spricht Ula Lazauskaite die Texte der Autorin eher einspurig und zeigt in jeder Phase eine glücklich Sterbende. Ein Todglückliche, die sich in Liebe mit sich selbst verabschiedet. „Man muss den Leisen zuhören und den Lauten die Lautstärke zurückdrehen“, meint sie und weiß, wenn beispielweise ein Mensch sein Leben auf seiner Couch verbringen möchte und dabei glücklich ist, wäre das auch gut.
Das Leben sei doch wie Omas Vanillepudding, der nur wirklich gut mit der Himbeersauce schmecke. Und so löffeln die beiden Darstellerinnen zum Schluss auch ihren gelben Pudding natürlich mit roter Sauce und wissen: „Er ist so wie das Leben, man sollte jeden Bissen bewusst wahrnehmen.“ Und beim Zuschauen wird klar, dass die sterbende Frau ein bisschen wie der Pudding wirkt und die getanzten Emotionen den fruchtigen Himbeersirup darstellen.
„Don’t worry, be happy“ schwebt durch diese Inszenierung, denn der Mensch ist „zu Ende seines Lebens sehr einfach gestrickt“, weiß die Autorin. Heidi Salmhofer meinte in einem Interview zu ihrem Wunsch für das Publikum: „Am Ende sollte man einfach rausgehen und sich denken: ,Toll, ich lebe‘. Mehr ist es nicht.“ Das ist ihr mit ihrem eigenen Stück und der eigenen Inszenierung sicher gelungen.
weitere Vorstellungen: 6./12./13.9. jeweils 20 Uhr
Kulturhaus Rössle, Mauren
www.kulturhaus.li