Dekonstruktion adé, es lebe die Konstruktion!
Das Theater Kosmos stellt als Jahresmotto dem neuen Theaterjahr einen Satz aus einem Essay von Odo Marquard voran: „Die Erzählung hat Zukunft!“
Annette Raschner · Dez 2023 · Theater

„Wer auf seine Geschichten verzichtet, verzichtet auf sich selbst", schreibt der 2015 verstorbene, deutsche Philosoph. Die beiden Theater Kosmos-Leiter Augustin Jagg und Hubert Dragaschnig fügen hinzu: „Die Dekonstruktion hat am Theater ausgedient.“

Eine Bastion der Mündigkeit

Als Bollwerk gegen die Unmündigkeit versteht sich das Theater Kosmos im Jahr des 300. Geburtstags von Immanuel Kant. Der Rückzug in die Bubble, in die eigenen Echoräume verhindere jede zwischenmenschliche Auseinandersetzung und einen offenen gesellschaftlichen Diskurs, der heute notwendiger denn je sei. 

Dem „Komaglotzen“ zum Trotz

Seit dem Ende der Pandemie klagen viele Theaterhäuser und Kultureinrichtungen über Einbrüche bei den Besucher:innenzahlen. Auch Augustin Jagg und Hubert Dragaschnig sprechen von einem durchwachsenen Jahr. Bei 110 Veranstaltungen konnten rund 8.000 Besucher:innen gezählt werden. Ein Publikumserfolg war das Stück „Wer hat Angst vor Viriginia Woolf?" von Edward Albee mit Sabine Lorenz und Hubert Dragaschnig in den beiden Hauptrollen. 

Sechs Stücke, vier Uraufführungen

Zeitgenössisch und erzählfreudig ist der Spielplan des Theater Kosmos 2024. Den Anfang macht die erste von insgesamt vier Uraufführungen: Die Kosmodrom-Produktion „Die Erwachsenen“ von Irene Diwiak. Die junge österreichische Autorin erzählt von einem dunklen Familiengeheimnis und wirft einen Blick auf die „Neue Rechte“; die Reichsbürger:innen und Identitären. Im Februar steht Michael Köhlmeiers Neubearbeitung der „Antigone“ nach Sophokles auf dem Spielplan. Es handelt sich um eine Koproduktion mit dem Schauspielhaus Salzburg, mit dem das Theater Kosmos in der Vergangenheit bereits „Lamm Gottes“ zur Aufführung gebracht hat. 

Neue Heimat für UNPOP

Im Rahmen des neu entstandenen „Drama Lab“der Wiener Wortstätten sind vier so genannte „Arbeitsplätze“ an Autor:innen vergeben worden, die im Laufe des Jahres dramaturgisch bei einer Stückentwicklung betreut wurden. Daraus hervorgegangen ist Natalie Baudys „Fairycoin“, ein Märchen aus der Kryptowelt, das im April uraufgeführt wird. Für Regie und Ausstattung zeichnen Stephan Kasimir und Caro Stark – Gründer/in und Leiter/in des Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung – verantwortlich, die nach dem Weggang aus Dornbirn nun mit dem Theater Kosmos zumindest für zwei Jahre eine neue künstlerische Heimat gefunden haben. Nach Auskunft von UNPOP werden 2024 drei Produktionen realisiert. 

Aufführung bei den Bregenzer Festspielen

Als Siegerstück aus dem Wettbewerb der vor zehn Jahren gegründeten Theaterallianz ist das Stück „Mondmilch trinken“ von Josef Maria Krasanovsky hervorgegangen. Es wird im August bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt und erzählt von Kugeln, die zur Gymnastik schwitzen und einer Braut, die mit einem Vorschlaghammer Wände zur Seite räumt. Den Schlussakkord setzt das Theater Kosmos dann im Spätherbst mit dem wunderbaren Komikerpaar Willie Clark und Al Lewis in Neil Simons tiefgründiger Komödie „Sonny Boys“. Es ist die Geschichte einer besonderen Freundschaft und eine – so Augustin Jagg und Hubert Dragaschnig – „Hommage an das Theater“.

Equal Pay Day

Aufgepasst! Am 31. Oktober markierte in Österreich der Equal Pay Day jenen Tag, ab dem Frauen unbezahlt arbeiten. Aus diesem Grund hat das Theater Kosmos eine Aktion ins Leben gerufen, die noch bis Jahresende gilt: Besucherinnen können alle Veranstaltungen bei freiem Eintritt nutzen. 

www.theaterkosmos.at

 

 

 

 

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