Cocaine Bear Gunnar Landsgesell · Apr 2023 · Film

Ein Bär, der in den Wäldern vom Himmel gestürzte Kokainpakete findet, verfällt in einen Mordrausch. Eine Horrorkomödie von Elizabeth Banks, die schräge Momente mit drastischen Szenen ineinanderfließen lässt.

Dass ein frisch verheiratetes Tramper-Paar zu Beginn achtlos in eine deutlich erkennbare Bärenspur tritt, ist kein gutes Omen. Auch an einer verloren gegangenen Tasche geht das Paar lebhaft diskutierend vorbei. Und selbst als die beiden den Bären erblicken, der sich zuerst am Baum reibt, dann aber seinen Schädel dagegen schlägt, ist das noch Anlass für schnoddrige Bemerkungen: „He seems demented.“ Kurz darauf feiert der Film sein erstes blutiges Opfer.

Schwammig: Abstimmung zwischen Spaß und Horror

Es erstaunt, dass Elizabeth Banks, erfolgreiche Comedy-Schauspielerin mit „Cocaine Bear“ eine recht drastische Horrorkomödie inszeniert hat, die für einen wesentlichen Teil der Figuren ein bitteres Ende bereithält. Die Geschichte, auf die sich dieser rüde Schwank bezieht, geht auf eine reale Begebenheit zurück. Ein Drogendealer sprang mit einem Fallschirm über den Wäldern von Georgia ab, verunglückte dabei tödlich. Der Schwarzbär, der die Kokain-Ladung fand, starb an einer Überdosis und steht heute ausgestopft in einer Shopping Mall in Kentucky. Der Filmtitel lässt auf eine satirische Bearbeitung dieser skurrilen Episode schließen, mit einem Trip, der die Welt aus der entglittenen Bärensicht zeigt. Doch Drehbuchautor Jimmy Warden stellt den CGI-generierten Schwarzbären eher in die Nähe von Michael Myers, der in „Halloween“ seine mörderischen Runden dreht. So wird das Karussell illustrer Figuren, die Banks nach und nach in ihre Geschichte einbringt, weniger durch deren Charakterzeichnung als durch den Horror des ganz und gar humorlosen Bären miteinander verbunden. Im Ensemble finden sich einige bunte Gestalten, denen man gerne auch noch länger gefolgt wäre, würde deren Lebenszeit nicht so knapp bemessen sein. Eigentlich gibt es mehrere rudimentäre Handlungsstränge, die Banks kurzweilig parallelisiert, bis sich alle am „Blood Mountain“ überkreuzen. Keri Russel spielt eine berufstätige Mutter, deren Tochter (Brooklynn Prince) mit einem Freund Schule schwänzt, um zu einem Wasserfall im National Forest zu wandern. Auf dem Weg dorthin sind allerdings auch jene Dealer, denen die Drogen nicht geliefert wurden; so wie ein Polizist (Isiah Whitlock Jr.), der sich auf deren Fährte geheftet hat. Im Naturpark selbst treibt seit einiger Zeit eine Dreierbande ihr Unwesen und überfällt Wanderer. Banks skizziert sie als drei durchgeknallte Typen, die zwar nicht besonders stimmig wirken, aber auch keinem Stereotyp entsprechen. Eine Rangerin (von Margo Martindale als wunderliches Original verkörpert), die sich eigentlich einen amourösen Tag mit einem Freund machen möchte, hat keinerlei Überblick, was in ihrem Schutzgebiet vor sich geht. Dass der Bär vorerst nur ihr Hinterteil mit seiner Pranke zerkratzt, während sie wild um sich schießt, gehört zum harmlosen Teil dieser Begegnung. Unter dem Eindruck dieser ganzen Riege an Figuren und deren unterschiedlichen Agenden wirkt „Cocaine Bear“ zunehmend fahrig. Da sich Banks auf Tempo versteht, erscheint das Chaos aber programmatisch, so, als wäre es Teil der Regie. Inhaltlich bleibt dabei vieles Stückwerk: die Mutter, deren kleine Tochter ihr (und dem Publikum) schon bald entschwindet, nicht ohne vorher noch mit ihrem Schulfreund ein ordentliches Häufchen Kokain zu verkosten; die Drogendealer, für die es irgendwie keinen rechten Plan gibt; und die Rangerin, die komisch schrill ist, aber losgelöst von ihrer ganzen Umgebung erscheint. Wirklich irritierend ist aber, wie „Cocaine Bear“ Humor und Gewalt fusioniert. Die Frage, ob ein abgerissenes Bein das Ende eines Gags bedeutet oder vielleicht dessen Höhepunkt wird in solchen Szenen nie deutlich. Eine Horrorkomödie, an sich ein interessantes Genre, hat sich der Abstimmung zwischen Spaß und Horror zu stellen, andernfalls endet das in einem unangenehmen Tonfall blanken Zynismus. 

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