Blauer Schmetterling im TAK: Uraufführungen voller Dynamik Anita Grüneis · Nov 2024 · Musik

Die Soiree „Der Blaue Schmetterling“ im TAK Theater Liechtenstein stand ganz im Zeichen von Uraufführungen. Gleich zwölf kurze Stücke des Liechtensteiner Pianisten Jürg Hanselmann hatten ihr Debut, darunter ein Liederkreis nach Gedichten von Hermann Hesse, den der Musiker 2021 komponiert hatte. Auch die Segantini-Studien, die er drei Jahre davor geschrieben hatte, war an diesem Abend zum ersten Mal öffentlich zu hören.

Eingestimmt wurde das Publikum im TAK mit sieben Liedern von Josef Gabriel Rheinberger. Dies war auch eine Referenz an den Urvater der Liechtensteiner Komponist:innen und die internationale Rheinberger Gesellschaft, deren Präsident Jürg Hanselmann ist. Gesungen wurden die Lieder vom Tenor Karl Jerolitsch, der diesen Abend gemeinsam mit dem Pianisten und Komponisten gestaltete. Seine Stimme schenkte den inzwischen über hundert Jahre alten Rheinberger-Liedern teilweise Frische und Dramatik, je nach Text und Stimmungslage. Das „Träumen im Winter“ enthielt auch ein bisschen Tristesse, als der Tenor sang: „Ich träumte, Du wärst bei mir; Ich hegte Dich still im Herzen, von all‘ meinen Wonnen Dir, erzählt‘ ich und meinen Schmerzen.“ Wie leicht klang dagegen das „Ständchen“, in dem gefragt wurde: „Meine Liebe, wachst du noch? Höre meinen letzten Laut, der sich nur der Nacht vertraut.“

Wenn Bilder von Giovanni Segantini erklingen 

Tief nach Graubünden und in die Welt der Bilder von Giovanni Segantini entführte Jürg Hanselmann das Publikum mit seinen vier Segantini-Studien für Klavier, geschrieben 2018. Diesen Werken liegt je ein Bild des berühmten Malers zugrunde, der wie kein anderer das ungebrochene Licht der Hochgebirgswelt wiedergab. Die Bilder „Mittag in den Alpen“, „Rückkehr aus dem Wald“, „Traurige Stunde“ und „Alpweiden“ entstanden in einem Zeitraum von vier Jahren während Segantinis Zeit in Savognin. Hanselmanns Musik wandelte die Atmosphäre der jeweiligen Gemälde in Stimmungen um – während „Mittag in den Alpen“ recht ungebändigt begann, klang die „Rückkehr aus dem Wald“ zunächst wie ein leises Plätschern, verdichtete sich und wich dann einer glockenhellen Stimmung. Auch die beiden anderen Bilder lebten von einer Vielfalt der Farben, Jürg Hanselmann ließ mit seinem präzisen Klavierspiel auch das Licht der Alpen durchschimmern. Manchmal klangen jazzartige Sequenzen an, die dem Ganzen Frische und Elan gaben. Den kraftvollen Werken des Pianisten folgten dann drei Lieder von Franz Schubert, die so gar nicht dazu passen wollten. 

November und acht Gedichte von Hermann Hesse

Nach einer Pause schuf der Pianist mit drei Stücken aus „November“ aufs Neue hervorragende Stimmungsbilder, die an fallende Blätter, Nebelschwaden und teils beschwingte Kinderlieder erinnerten. Derart eingestimmt folgte die Uraufführung des Liederkreises nach Gedichten von Hermann Hesse, die der Soiree den Titel gegeben hatte: „Blauer Schmetterling“. Jürg Hanselmann hat die acht Gedichte vor drei Jahren in Noten umgesetzt, er sei, wie er selbst sagte, seit seiner Jugend ein Fan von Hermann Hesse, ihn berühre die Emotionalität in dessen Gedichten wie auch seine musikalische Wortwahl. Für den Tenor Karl Jerolitsch waren diese Lieder teilweise eine Herausforderung, seine Stimme ist vor allem opernerprobt und auf Dramatik ausgelegt. Doch Hesses Gedichte bedingen Zartheit und leisen Humor, wenn es beispielsweise im „Blauen Schmetterling“ heißt: „So mit Augenblicksblinken, so im Vorüberwehn, sah ich das Glück mir winken, Glitzern, flimmern, vergehn.“ Das ist romantisch, flirrend und ein bisschen melancholisch, hat aber auch ein Schmunzeln in sich. Auch im Gedicht „Für Ninon“ ist Charme versteckt: „Dass du in dem Getriebe, des Lebens eine Mitte weißt, macht dich und deine Liebe, für mich zum guten Geist.“ Diese Stimmung wurde in der Musik von Jürg Hanselmann hervorragend umgesetzt, die Interpretation von Karl Jerolitsch war ein wenig zu wuchtig dafür. Es wäre interessant, die Lieder einmal mit einer anderen Stimmfarbe zu hören, denn manchmal wirkte dieser „Blaue Schmetterling“ stimmlich wie die grüne Libelle, die der Tenor an sein Revers geheftet hatte.

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