Berauschendes Theater - spannend und rasant!
„Faust. Eine Tragödie“ von Johann Wolfgang von Goethe am Vorarlberger Landestheater
Dagmar Ullmann-Bautz · Apr 2025 · Theater

Soll oder muss man „Faust“ heute noch spielen? Diese Frage steht zu Beginn der Ankündigung auf der Homepage des Vorarlberger Landestheaters – und das Publikum ist nach der Premiere in Bregenz einer Meinung: Ja, man muss! Das Landestheater präsentierte einen „Faust“, wie er spannender und fesselnder kaum sein könnte – Schauspielkunst vom Feinsten, voller kreativer Ideen, mit einem Tempo und Rhythmus, dem man von der ersten bis zur letzten Minute fast atemlos folgt.

Wahnwitziger Reigen radikal gekürzt

In der energiegeladenen, körperbetonten Inszenierung von Max Merker und im klugen wie eindrucksvollen Bühnenbild von Damian Hitz entfaltet sich ein wahnwitziger Reigen zwischen den drei Hauptfiguren Faust, Mephisto und Margarete – gespielt von Luzian Hirzel, Milva Stark und Rebecca Hammermüller. In der stark gekürzten Fassung von Dramaturg Martin Bieri – der Abend dauert nur 90 Minuten – ist alles enthalten: Goethes Geschichte wird mit großer Empathie und stringenter Klarheit erzählt, ohne dass Tragödie oder Komödie zu kurz kommen. Im Gegenteil – beides trifft in dieser komprimierten Form das Publikum mit voller Wucht.

Raum für Worte, Sehnsucht und Abgrund

Die große Bühne bleibt leer und gibt dem wortgewaltigen Text, dem tiefen Sehnen und der tragischen Dimension des Stücks den nötigen Raum. Eine kleine, fahrbare Bühne – ein in sich geschlossener Raum – wird ein- und ausgefahren, dient als Fausts Studierzimmer, als Margaretes Zimmer, als Hexenküche, als Kerker. Sie symbolisiert die Enge, aus der es auszubrechen gilt.

Kleines aber großartiges Ensemble

Luzian Hirzel beeindruckt als Faust mit einer großen Bandbreite an Ausdruck – zwischen Frustration, Verzweiflung und Sehnsucht, zwischen Gier und Erfüllung, zwischen Hybris und Ohnmacht. Milva Stark überzeugt als Mephisto mit einer Intensität und Ausdruckskraft, die einem den Atem rauben – ein düsterer Verführer, dem man nicht entkommen kann. Auch Rebecca Hammermüller verleiht Margarete mit ihrer entfesselten Spielfreude eine besonders berührende Mischung aus Empathie, Klugheit und Stärke. Beide Darstellerinnen – Stark und Hammermüller – beeindrucken zudem in zahlreichen weiteren Rollen – besonders im dynamischen Wechselspiel zwischen zwei Figuren.

Regie mit Feingefühl und Fantasie

Regisseur Max Merker vertraut auf das Können seiner Schauspieler:innen und schafft mit kreativen Ideen, einem präzisen Blick auf die Figuren und feinem Humor den perfekten Rahmen, in dem diese Produktion glänzen kann. Viele Bilder dieser „Faust“-Inszenierung bleiben unvergessen – etwa die berührende Liebesszene zwischen Faust und Margarete, Faust mit einem Baum auf den Schultern, Mephistos triumphierender Blick oder drei tanzende Pudel auf der Suche nach einem Opfer.

Ein musikalischer Kosmos

Dominik Dittrich taucht das Stück in einen musikalischen Kosmos, der von Ballermann-Hits über romantische Balladen bis hin zu stampfenden Beats reicht – jeder Ton unterstützt punktgenau die Szenerie, die von Patrick Hunka zudem stets in ein durchdachtes und überaus stimmungsvolles Licht gesetzt wird.
Nach 90 atemberaubenden Minuten, in denen man keine Sekunde abschweift, endete das Abenteuer Faust am Premierenabend mit anhaltendem und jubelndem Applaus!

Weitere Termine:
20./22./4 und 21./24.5. sowie 12.6., jeweils 19.30 Uhr
www.landestheater.org 

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