Jubelstimmung bei Dornbirn Klassik Silvia Thurner · Feb 2023 · Musik

Wenn die Cellistin Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout am Hammerklavier gemeinsam musizieren, ist ein außergewöhnliches Musikerlebnis garantiert. Das wissen Musikbegeisterte und so strömten zahlreiche Konzertbesucher:innen zum vierten Abonnementkonzert von Dornbirn Klassik ins Kulturhaus. Auf dem Programm standen Cellosonaten von Beethoven und Mendelssohn-Bartholdy und im Mittelpunkt eine Musikerin und ein Musiker, die etwas zu sagen haben. Die Vitalität ihrer Spielweise und die historischen Instrumente versetzten die Zuhörenden in eine euphorische Stimmung.

Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout sind Spezialisten der informierten historischen Aufführungspraxis. Sie leben die Musik mit einem musikalischen Verständnis, das den rhetorischen Geist kammermusikalischer Werke voll zur Geltung bringt. Besondere Aufmerksamkeit lenkten im Dornbirner Kulturhaus die Klangfarbennuancierungen des Violoncellos und des Pianofortes auf sich. Oberton- und variantenreich verliehen die Musikerin und der Musiker jedem einzelnen Ton eine individuelle Körperlichkeit. Verstärkt durch ihre fröhliche und mitteilsame Ausstrahlung ging von Sol Gabetta ein großer Aufforderungscharakter aus. Mit Freude nahm Kristian Bezuidenhout am Fortepiano die ihm zugespielten melodischen Gesten auf, antwortete und führte die Phrasen temperamentvoll und mit perlendem Spiel weiter.
Sol Gabetta musizierte auf einem mit Darmsaiten ausgestatteten Violoncello. Zusätzliches Klangvolumen gewährte der Stachel, jedoch wirkte das Fortepiano im Verhältnis zum Cello (zumindest von meinem Sitzplatz aus) tendenziell eher zu dominant.
Von Beginn an artikulierten Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout an ihren edlen Instrumenten Beethovens erste Cellosonate (op. 5) mit viel Esprit und bewundernswert aufeinander abgestimmten Dialogen. Neckisch führten sie die Motive gegeneinander, fanden eine bewundernswerte Kongruenz in parallel geführten Linien, loteten die Stimmungsschwankungen der Tonarten gemeinsam aus und stellten eine intensive Interpretation in den Raum.
Den weiten kompositionstechnischen Weg, den Beethoven von seiner ersten bis zu seiner letzten Cellosonate in D-Dur (op. 102) beschritten hat, brachten die beiden mit ihrer vielgestaltigen Phrasierungskunst spannend zur Geltung. Beziehungsreich kristallisierten sie die eher zerklüfteten Themengestalten und die dynamischen Gegensätze sowie die wagemutigen harmonischen Fortschreitungen heraus, die Beethoven in den Eröffnungssatz eingeschrieben hat.
Jeder einzelne Teil der beiden Beethovensonaten beinhaltete Passagen, die die Werkdeutungen mit großem Ausdrucksgehalt belebten. Ein Höhepunkt stellte die Charakterisierung des langsamen Satzes in der D-Dur Sonate dar, in dem Sol Gabetta auf ihrem Cello ein eindringliches Lamento „sang“. Mit einem sehr behutsam eingesetzten Vibrato unterstrich sie den „schalen“ Toncharakter. Kristian Bezuidenhout begleitete mit einem weichen Ausdrucksgehalt und wob mit klanglich austarierten Akkordzerlegungen einen feinsinnigen Klanggrund.

Reichhaltige Interpretationskunst

Fröhlich und prachtvoll wirkte die Interpretation der zweiten Sonate von Felix Mendelssohn Bartholdy. Auch in diesem Werk begeisterte der kommunikative Geist, mit dem die Musikerin und der Musiker zueinander in Beziehung traten, stets dem Werk und der Musik dienend. Die kauzig geisterhafte Stimmung zelebrierten die beiden im klanglich fein nuancierten Allegretto scherzando. Das Adagio gab dem Fortopiano-Spieler die Gelegenheit, den weichen Klang des edlen Instruments zur Geltung zu bringen. Feinsinnig und mit großer innerer Gelassenheit wurde das choralartige Thema entfaltet und der musikalische Austausch mit der Cellistin entwickelt. Eine virtuose Klammer formten Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout im mitreißend dargebotenen Finale aus.
Die Konzertbesucher:innen hörten gebannt und konzentriert zu und spendeten am Schluss jubelnden Beifall. Mit den brillant ausgestalteten „Variations concertantes“, op. 17 sowie einem „Lied ohne Worte“ von Felix Mendelssohn Bartholdy bedankten sich Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout.

https://www.dornbirn.at/leben-in-dornbirn/leben/kultur/dornbirn-klassik-2022-23

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