Wenn alles baden geht
Café Fuerte startete seine „Blasenheim-Trilogie“ mit der Premiere des ersten Teils: „Baden wäre mir lieber“ von Tobias Fend und Stefan Butzmühlen.
Manuela Cibulka ·
Mai 2025 · Theater
Zum Titel passend wurde in Hittisau am Premerienabend indoor im Ritter-von-Bergmann Saal anstelle wie geplant outdoor auf dem Dorfplatz gespielt. Die Natur hatte also sowohl in der Realität als auch im Stück das Sagen, und das war nicht das Einzige, das an diesem Abend realitätsnah war.
Begrüßt wird das Publikum von Moritz Widrigs Ein-Mann-Orchester, das elegant durch den Abend führt: plätschernde, an Quietschenten erinnerde Synthesizer-Musik ließe eher auf Badehosen-tragende denn Weihnachtshauben-bestückte Schauspieler schließen. Mit dem Song „Komm mit nach Blasenheim“ wird man aber versetzt in den viel zu warmen Winter einer Kleinstadt – besser gesagt auf den Weihnachtsmarkt. Dort treffen sich alle Stereotype, die das männliche Geschlecht zu bieten hat: ein unsymphatischer Schnösel mit alles andere als vertrauenserweckendem Charakter, ein geschiedener Zahnarzt, der sich im sozialen Engagement über seinen Geiz hinwegtäuschen möchte, ein unselbständiger Mieter, der von der Welt ungerecht behandelt wird, ein Ur-Bursche als Pistenraupenfahrer, dem Schnee und ein starkes Fahrzeug zum eigenen Glück reicht und zwei Söhne, der eine ein „Waserl“ und der andere ein verwöhnter, liebessuchender Tunichtgut. Am Ende tritt auch noch der Männerseminare anbietende Achtsamkeits-Mann auf, der sich seiner Silke zuliebe durchzusetzen versucht. „Toxische Männlichkeit“ lautet der Untertitel zum Abend, und die vier Schauspieler Tobias Fend, Simon Labhard, Stefan Pohl und Gregor Weisgerber haben einiges zu tun, um das gesamte Repertoir aufleben zu lassen. Es bedarf nur weniger Requisiten aber um so mehr schauspielerischen Talents, um die Figuren überzeichnet am Glühweintisch zu versammeln. Durch den rasanten Auf- und Abgang der Figuren, die nicht nur äußerlich pointiert auftreten, sondern in der Regie von Danielle Fend-Strahm und der Ausstattung von Matthias-Strahm klar definiert sind und zu Höchstform auflaufen, ist man von der ersten bis zur letzten Minute mit dabei – kein Durchatmen für alle sozusagen. Mimisch besonders stark ist Tobias Fend, dessen Figur des rechtskonservativen Politikers immer wieder für Extra-Lacher sorgt.
Unterhaltung und Erschütterung
Durchwegs kann der Abend als Komödie oder besser als überzeichnete Satire verstanden werden, auch wenn das Auftauchen eines vor sich hin murmelnden Wissenschaftlers und die steten Eruptionen des Berges eine nahende Katastrophe heraufbeschwören. Wer will aber etwas von Umwelt hören, wenn doch jeder seine eigenen Sorgen hat: Der eine will aus seinen Ferienwohnungen schnellstmöglich ein Asylheim bauen, während für den Pisten-Rudi eine zentrale Kühlung des Berges wichtig wäre. Dass der Politiker generell alles verspricht, mitverantwortlich für kriminelle Immobiliengeschäfte ist und von dannen zieht, wenn es ernst wird, ist nicht weit hergeholt.
Erklärtes Ziel von Café Fuerte ist es, Unterhaltung mit Erschütterung zu paaren und etwas „mit den Menschen zu machen“. Aber gelingt es? Fühlt sich das Publikum nicht meist weniger entlarvt als mitwissend? Sind wir jene, die erkennen, was passiert, wenn jeder oder auch jede sich selbst ins Zentrum stellt und das große Ganze vergisst, oder vergessen wir selber die Gesellschaft als solche?
Bei der Fülle an Lachern, den Slapstick-Nummern und dem rasanten Ablauf mit einer Unmenge an Überzeichnungen und Anspielungen ist man nach der Aufführung nicht ganz sicher, was überwogen hat: die reine Unterhaltung oder doch das In-Frage-Stellen. Wie immer ist es dem Team von Café fuerte aber gelungen, etwas anzustoßen, und wer dem Aufruf, nach der Vorstellung zu verweilen, gefolgt ist, kam sicher nicht umhin, das Angestoßene zu diskutieren.
Für die Folgeaufführungen, wie immer an den unterschiedlichsten Orten, wünschen wir wenige Regentag, denn wenn in „Blasenheim“ der Berg bebt, ist eine Bergkulisse im Hintergrund sicher dem gewollten Realitätsbezug nur förderlich.
weitere Aufführungen:
24.5. (Urnäsch); 29./30.5. (Dornbirn); 31.5./1.6. (Hittisau); 5.6. (Trogen) 6.6. (Feldkirch) 8.6. (Dornbirn); 9.6. (Urnäsch),
jeweils 20.30 Uhr
Details unter: https://www.cafefuerte.at/aktuell/baden