Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Karlheinz Pichler · 29. Nov 2012 · Ausstellung

Geheimnisvolle Naturschilderungen von Alexandra Wacker in der Dornbirner Galerie C.Art

Im ehemaligen „Geschäftshaus Zünd“, das 1968 vom Architekten Ernst Hiesmayr geplant wurde, ist seit fünf Jahren die Galerie C.Art untergebracht. Im Kubus-artigen Gebäude, das sich ideal für Ausstellungen eignet, sind derzeit über die sechs Halbstöcke hinweg beeindruckende Naturschilderungen der Rudolf-Wacker-Enkelin Alexandra Wacker zu sehen. Die Werkschau übertitelt sich zwar mit „Tusche auf Papier“, zu sehen sind neben den Tuscharbeiten aber auch Ölbilder auf Leinwand.

Dominiert werden die Räume der C.Art ganz klar von den Tuscharbeiten Wackers, die wie düstere, geheimnisvolle, von üppiger Vegetation geprägte Naturoasen die Wände behaupten. Die Öl-Bilder schieben sich eher unauffällig an verwinkelten Stellen dazwischen.

Zwischen Märchenwaldromantik und Jurassik-Park-Utopie

Wackers düster und geheimnisvoll anmutenden Naturschilderungen gleichen mitunter Bühnenbildern, die den Eintritt in eine üppig wuchernde Urlandschaft signalisieren. Mächtige Tore und Zäune halten den Betrachter zunächst scheinbar„draußen“, locken ihn aber gleichzeitig, über die Barrieren hinwegzusteigen und in ein Naturuniversum einzutauchen, das unergründlich wie der Jurassik-Park oder romantisch wie ein Märchenwald erscheinen mag. Die atmosphärisch dicht aufgeladenen Szenerien können aber durchaus auch als Referenz an die Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts gelesen werden oder auch an die Aquarellisten, die im 18. und 19. Jahrhundert an Expeditionen teilnahmen, um die fremde Schönheit der Natur spontan aufzuzeichnen. Und, dass die Papierarbeiten ungerahmt, gleichsam ungeschützt und „roh“ präsentiert werden, erhöht den Reiz der Unmittelbarkeit, der von diesen Bildern ausgeht.

Für diese Tuscharbeiten findet die Künstlerin die Vorlagen, genauso wie bei den Ölbildern, entweder im Netz oder in  Zeitungen und Zeitschriften. Mitunter dienen aber auch eigene Fotografien als Basis für das eine oder andere Werk. Wie Wacker selber sagt, interessiert sie bei diesen Papierarbeiten „die Verletzlichkeit des Papiers, die Reduktion auf Schwarz und die vielen Grauabstufungen und Strukturen“. In der Realisierung greift sie auf alle möglichen Gerätschaften und Hilfsmittel zurück und geht im Vergleich zu ihren anderen Arbeiten überaus spielerisch vor. Gegenüber dem exakt kalkulierten kompositorischen Vorgehen bei ihren Ölgemälden wirken die Tuscharbeiten ungemein spontan und offen, ja nahezu gestisch. Wenngleich der malerische Aspekt stets im Vordergrund bleibt. Es ist eine ungewohnte Variante im Schaffen Wackers, die aber gerade durch ihre lockere Verspieltheit die Meisterschaft der Künstlerin aufblitzen lässt.

Neben der wild wuchernden, fast urwaldhaften Botanik werden bei den Tuschbildern thematisch auch immer wieder die Eingriffe des Menschen evident, die die Natur zu domestizieren trachten. Herrschaftliche Gartentore verbergen unzugängliche Welten, machen soziale Unterschiede sichtbar und grenzen aber zugleich ab. Für die Künstlerin verkörpern diese Bilder auch Kindheitserinnerungen an die verbotenen Streifzüge in fremde Gärten. Wer ist nicht als Kind auch vor den riesigen Toren einer Herrschaftsvilla gestanden und hat in anhnungsvoller Sehnsucht ausschnitthafte Blicke in die Parklandschaften der Reichen zu ergattern versucht. Ohne jegliche Hoffnung zugleich, dieses vermutete „Paradies“ je betreten zu dürfen.

Natürliche Formen und abstrakte Farbräume

Die Arbeiten in Öl auf Leinwand, die von den Landschaften ausgehen und die Fotocollagen zur Vorlage hatten, kennt man von Wacker schon seit längerem, wenngleich auch hier neue Aspekte augenscheinlich werden. Einerseits stellt der Fokus auf vegetabile Formen, auf „natürliche“ Landschaften, die in Kontrast zu zivilisatorisch gebändigten Versatzzeichen gesetzt werden, ein Kontinuum ihres Schaffens dar. Gleichzeitig stellt der Fokus auf eine auf das Detail bezogene Sicht aber eine klare Zäsur zu frührern Werken dar. Dominierte bisher oft die Vogelperspektive, aus der heraus parallel verschiedene Zeiten und Orte zu spezifischen Szenarien verknüpft wurden, hat sich ihr Blick mittlerweile gleichsam mitten ins Geschehen hineingezoomt. Durch die Betonung von Ausschnitten, durch starke Vergrößerungen und durch das Drehen der Komposition ist sie einer Abstraktion deutlich näher auf den Pelz gerückt. Botanische Formen kämpfen mit geometrischen Überschneidungen sozusagen um die Vorherrschaft.

Mit der Betonung des Ausschnitts und der damit einhergehenden Untersuchung der entsprechenden Strukturen erweiterten sich auch die malerischen Mittel Wackers. Lasierende Farbaufträge machen zunehmend stärkeren Schichten Platz, was vorher als Andeutung offen blieb, ist nun sehr konkret. Evident bleiben die Stärken Wackers im Umgang mit Farbe und Komposition.

Druckgrafik zur Finissage

Dass nicht nur die Ölgemälde Wackers, sondern auch ihre Tuscharbeiten bei Sammlern und Liebhabern von Kunst gut ankommen, beweisen die etlichen roten Punkte, die bereits an den Ausstellungswänden haften. Für kleinere Geldbörsen eröffnet sich im Rahmen der Finissage am 11. Dezember (19 Uhr) zudem noch die Gelegenheit, relativ günstig zu einer Arbeit Wackers zu kommen. Denn dann wird eine auserwählte Tuscharbeit der Wacker-Enkelin als Druckgrafik präsentiert. Die Umsetzung der Edition bewerkstelligte der Lochauer Künstler Hans Sturn, der als einer der besten Steinlithografen im Land gilt.

Alexandra Wacker: "Tusche auf Papier"
Galerie c.Art, Dornbirn
Noch bis 11.12.2012
Finissage und Präsentation einer Druckgrafik: 11.12., 19 Uhr
Di-Fr 9-12 u. 15-18, Sa 10–12
u.n.tel. Vereinbarung
www.c-art.at