Aktuell in den Filmclubs (8.3. – 14.3.2024) Walter Gasperi · Mär 2024 · Film

Am Spielboden Dornbirn wird diese Woche im Rahmen des 8th Human Vision film festivals am Internationalen Frauentag (und nächste Woche im TaSKino Feldkirch) Anna Hints‘ preisgekrönter Dokumentarfilm „Smoke Sauna Sisterhood“ gezeigt. Im Heerbrugger Kinotheater Madlen steht dagegen Nanni Morettis selbstreflexive Komödie „Il sol dell‘avvenire“ auf dem Programm.

Smoke Sauna Sisterhood: Die Estin Anna Hints begleitet in ihrem vielfach preisgekrönten Dokumentarfilm Frauen, die in der Abgeschlossenheit einer in einem Wald gelegenen Rauchsauna tabulos und persönlich über Geschlechterbeziehungen, Körperfeindlichkeit, Liebe und sexuelle Übergriffe erzählen.
Hints hört geduldig zu, hält sich selbst ganz zurück und lässt ihren Protagonistinnen Raum. So nah die Kamera von Ants Tammik dabei auch an den Frauen, die teilweise ihre Gesichter verbregen, dran ist, so ist der Blick auf diese schwitzenden Körper doch nie voyeuristisch, sondern immer von Empathie bestimmt.
Großartig ist „Smoke Sauna Sisterhood“ aber auch strukturiert, indem zwischen die Erzählungen immer wieder nicht nur rauchgeschwängerte poetische Bilder, sondern auch Tauchgänge im nahen See eingeschoben werden. Damit entwickelt dieser Dokumentarfilm nicht nur einen meditativ-suggestiven Rhythmus, sondern in diesem Wechselspiel zwischen engen Innenszenen und weiten Momenten in der freien Natur spiegelt sich auch der Weg von gesellschaftlicher Beklemmung und nicht überwundenen, schmerzenden Erfahrungen zur Befreiung durch das Schwitzen und die offenen Erzählungen.
Spielboden Dornbirn: Fr 8.3., 19.30 Uhr
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: 14.3. bis 17.3.

Il sol dell‘avvenire: Mit großen roten Lettern malen ein paar Männer, die sich nachts heimlich von einer Brücke abseilen, „Il sol dell´avvenire“ (Die Sonne der Zukunft) auf die Brückenpfeiler. Rasch entpuppt sich diese Szene aber als ein Teil des Films, den der etwa 70-jährige Giovanni (Nanni Moretti) dreht. 
Nicht nur, dass dieser Regisseur von Nanni Moretti selbst gespielt wird, verleiht diesem Spielfilm autobiographischen Charakter, sondern auch dass sich sein Protagonist Giovanni in seinem Film mit dem italienischen Kommunismus auseinandersetzen will.
Ganz bei sich ist Moretti („La stanza del figlio“ – „Das Zimmer meines Sohnes“, 2001) damit, denn vor allem seine frühen Filme wie „Io sono un autarchico“ („Ich bin ein Autarkist“, 1976), „Palombella rossa“ („Wasserball und Kommunismus“, 1989) oder „Caro Diario“ („Liebes Tagebuch“, 1993), aber auch „Mia Madre“ (2015) waren stark autobiographisch geprägt und immer wieder spielte dabei auch der italienische Kommunismus eine wichtige Rolle.
Giovanni will nun einen historischen Film über die Haltung der KPI während der sowjetischen Niederschlagung des Ungarnaufstands 1956 drehen. Dass sich die Partei damals nicht von der Sowjetunion distanzierte, will der Filmemacher kritisieren, muss aber auch erkennen, dass sich die Zeiten geändert haben. Denn jüngeren Mitarbeitern ist überhaupt nicht mehr bewusst, dass die KPI in der Nachkriegszeit bis zum Zerfall der Sowjetunion in Italien eine wichtige Rolle spielte.
Dazu bietet diese Geschichte einer Filmproduktion, mit der sich Moretti auf den Spuren von Truffauts „Eine amerikanische Nacht“ bewegt, aber auch die Möglichkeit, die schwierigen Produktionsbedingungen anzuschneiden. Eine weitere Ebene kommt zudem mit Giovannis Frau Paola (Margherita Buy) ins Spiel, die die Filme ihres Mannes, aber auch den eines Jungregisseurs produziert, der offensichtlich Quentin Tarantino nacheifert. 
Mehr von einzelnen Szenen und Zitaten als von einer stringenten Handlung lebt so diese verspielte Komödie, die einzig durch Morettis Alter Ego Giovanni, der in jeder Szene präsent ist, zusammengehalten wird. Wenig fokussiert ist „Il sol dell’avvenire“ dabei zwar in der ausufernden Erzählweise, aber ansteckend und berührend wird diese Komödie durch die in jeder Szene spürbare persönliche Leidenschaft und Menschenliebe des italienischen Altmeisters
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 11.3., 20.15 Uhr


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