Aktuell in den Filmclubs (5.9. – 11.9.2025) Walter Gasperi · Sep 2025 · Film
Der Spielboden Dornbirn zeigt diese Woche unter anderem den Dokumentarfilm „One to One: John & Yoko“, der sowohl Einblick in die Beziehung von John Lennon und Yoko Ono als auch in die Zerrissenheit der USA in den frühen 1970er Jahren bietet. Das Filmforum Bregenz startet dagegen sein Programm am neuen Spielort Parktheater Lindau unter anderem mit dem feinfühligen französischen Drama „Was uns verbindet - L´attachement“.
One to One: John & Yoko: Bis ins kleinste Detail haben Kevin Macdonald und sein Co-Regisseur Sam Rice-Edwards das kleine Appartement im New Yorker Viertel Greenwich Village, in dem John Lennon und Yoko Ono nach der Auflösung der Beatles von November 1971 bis Februar 1973 lebten, nachgebaut. Mehrmals schwenkt die Kamera im Laufe des Films durch dieses Appartement und rückt immer wieder den Röhrenfernseher ins Bild, denn Fernsehen war eine der Hauptbeschäftigungen des Paares während dieser Zeit.
Fernsehbilder aus dieser Zeit bestimmen so neben Aufnahmen vom Benefizkonzert, das Lennon und Yoko Ono am 30. August 1972 im New Yorker Madison Square Garden gaben, den Film. Unübersehbar ist die enorme Recherchearbeit, die hier geleistet wurde, und brillant verschränkt das Regie-Duo die Konzertaufnahmen und die Fernsehbilder, denn untrennbar sind das gesellschaftspolitische Engagement des Konzerts und die zeitpolitischen Ereignisse miteinander verbunden. Teilweise nur sekundenlange TV-Schnipsel von Werbesendungen für Cornflakes, Chevrolet oder Waschmittel, der Serie „Die Waltons“ und den politischen Ereignissen vom Vietnamkrieg bis zum Gefängnisaufstand von Attica, Protestkundgebungen gegen den Krieg und Auftritten von Präsident Nixon evozieren dicht das Bild einer zerrissenen USA.
Gleichzeitig zeichnet „One to One: John & Yoko“ auch ein Bild des titelgebenden Paares. Eindrücklich zeigt der Film, wie Lennon seine Partnerin immer wieder gegen misogyne Angriffe verteidigen musste, und streicht Onos künstlerisches und feministisches Engagement heraus.
So bestechend freilich auch die Zeitstimmung eingefangen wird, so wird man von der Fülle des Materials doch auch förmlich erschlagen. Kaum einem Moment wird hier Raum und Zeit gelassen, stattdessen geht es Schlag auf Schlag bei diesem atemlosen Bilderstrom.
Spielboden Dornbirn: Di 9.9., Sa 20.9. - jeweils 19.30 Uhr
Was uns verbindet – L´attachement: Die Mittfünfzigerin Sandra (Valeria Bruni Tedeschi) ist eine überzeugte Single-Frau und führt mit Leidenschaft eine feministische Buchhandlung. Wenig erfreut ist sie, als Nachbar Alex (Pio Marmai) ihr den sechsjährigen Elliott (César Botti) für ein paar Stunden zur Aufsicht übergibt, da bei seiner hochschwangeren Frau Cécile die Wehen einsetzen und er sie ins Krankenhaus bringen muss. Als Alex am Abend mit Tränen in den Augen zurückkehrt, ist nichts mehr wie zuvor: Cécile ist nämlich bei der Geburt gestorben und er steht nun mit Elliott, der sein Stiefsohn ist, und der frisch geborenen Tochter Lucille allein da. Zunehmend stärker wird Sandra so in die Nachbarsfamilie hineingezogen und wird für Elliott zu einer Art Ersatzmutter.
Carine Tardieu, die zuletzt mit „Im Herzen jung“ (2022) Fanny Ardant eine große Altersrolle gab, weitet in ihrer freien Verfilmung von Alice Ferneys Roman „L´intimité“ sukzessive das Netz der Beziehungen. Liegt nämlich der Fokus zunächst ganz auf Sandra, Alex und Elliott, so kommen bald auch die Mutter der Verstorbenen (Catherine Mouchet), Elliotts leiblicher Vater (Raphaël Quenard) oder Sandras Mutter, die das konservative Frauenbild ihrer Generation schildert, ins Spiel.
Beeindruckend zurückhaltend und mit viel Wärme verkörpert Valeria Bruni Tedeschi, die sonst oft überdrehte und neurotische Frauenfiguren spielt, Sandra als selbstbestimmte Frau, die zunehmend tiefere Gefühle entwickelt. Stark ist aber auch Pio Marmai als Alex, der über den Tod seiner Frau hinwegkommen muss, sowie César Botti als Elliott. Aber auch die Nebenfiguren gewinnen ein klares Profil und tragen zum emotionalen Reichtum und zur Tiefe von Tardieus beglückendem fünften Spielfilm bei.
Filmforum Bregenz im Parktheater Lindau: Do, 11.9., 19.30 Uhr
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