Aktuell in den Filmclubs (5.5. – 11.5. 2023) Walter Gasperi · Mai 2023 · Film

Das französisches Kino setzt diese Woche in den Filmclubs Akzente: Das Filmforum Bregenz zeigt Emmanuel Mourets charmanten Liebesfilm „Chronique d‘une liaison passagère – Tagebuch einer Pariser Affäre“ und im Senior:innenkino der Stadt Feldkirch brillieren im Kino GUK in der Komödie „Parfum des Lebens“ Emmanuelle Devos und Grégory Montel.

Chronique d´une liaison passagère - Tagebuch einer Pariser Affäre: Von Anfang an macht Emmanuel Mouret mit dem Insert "Freitag, 28. Februar" ernst mit dem Tagebuchcharakter. Inserts zu Wochentagen und Datum strukturieren seinen elften Spielfilm, manchmal wird mit Zwischentiteln wie "drei Wochen später" oder "zwei Monate später" auch mehr Zeit übersprungen.
Der Fokus liegt dabei ganz auf dem seit 17 Jahren verheirateten Simon (Vincent Macaigne) und der alleinerziehenden Mutter Charlotte (Sandrine Kiberlain). Wie in der ersten Szene, in der sie sich nach dem Kennenlernen auf einer Party in einer Bar wieder begegnen, wird Mouret auch im Folgenden Vincent Macaigne und Sandrine Kiberlain in langen Einstellungen immer wieder viel Raum lassen, um ihre Gefühle auszudrücken und ihren Figuren Profil zu verleihen. 
Großartig versteht es dieses blendend harmonierende Duo diesen Raum zu nützen. In jeder Szene spürt man die Sympathie zwischen ihnen. Dem schüchternen Simon, der seine Frau noch nie betrogen hat und der immer ängstlich agiert, steht so die offene Charlotte gegenüber, die von Leidenschaft und Liebeskummer die Nase voll hat und nur noch unverbindliche Beziehungen eingehen will. 
Auf Sexszenen wird verzichtet. Man sieht das Paar nur bei den Gesprächen davor und danach im Bett liegen. Auch diese Zurückhaltung im Körperlichen verleiht diesem typischen französischen Film Charme und Esprit, macht ihn zu einem intelligenten und nie derben Vergnügen.
Federleicht kommt so dieser Liebesfilm daher, entwickelt nicht nur durch das Spiel von Kiberlain und Macaigne, sondern auch durch den ausgiebigen Einsatz von Chansons und klassischer Musik sowie durch die lichtdurchfluteten Bilder viel Romantik, bis schließlich doch auch Melancholie ins Spiel kommt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 10.5., 20 Uhr

Parfum des Lebens: Über alles geht dem geschiedenen Chauffeur Guillaume (Grégory Montel) seine zehnjährige Tochter Lea, doch solange er keine größere Wohnung hat, darf er sie nur alle zwei Wochen für einen Tag bei seiner Ex-Frau abholen. Jetzt droht er auch noch wegen Geschwindigkeitsübertretungen seinen Job zu verlieren, doch weil sein Chef keinen Fahrer für die kapriziöse Parfumeurin Anne (Emmanuelle Devos) hat, bekommt Guillaume doch noch einen Auftrag.
Ein klassisches Odd Couple schafft Grégory Magne mit der arroganten Dame mit ihren Spleens und dem einfachen, leicht chaotischen Chauffeur. Nicht nur fahren muss Guillaume sie, sondern auch ihre Koffer schleppen und im Hotel die Bettwäsche gegen ihre eigene mitgebrachte tauschen, da sie den Geruch der vorgefundenen nicht erträgt. 
Anne ist freilich für die Parfumindustrie ein rotes Tuch, seit sie vor einigen Jahren vorübergehend den Geruchssinn verloren hat. Mit diversen anderen Jobs wie der Bestimmung des Geruchs einer prähistorischen Höhle oder der Kreation eines Dufts, mit dem der Gestank einer Fabrik übertüncht werden kann, muss sie sich so durchschlagen. 
Völlig fremd ist Guillaume diese Welt zunächst, doch langsam verfeinert er durch den Kontakt mit Anne seinen Geruchssinn und taucht in diese für ihn neue Welt ein. Anne wiederum öffnet sich langsam ihm und ihrer Umwelt. 
Doch nicht nur Guillaumes Geruchssinn wird sensibilisiert, sondern mit den vielen Gerüchen auch der des Publikums, das angeregt wird, nicht nur mit Augen und Ohren, sondern auch mit der Nase die Welt wahrzunehmen. Motor dieser zurückhaltend und feinfühlig inszenierten Komödie sind aber die blendend harmonierenden HauptdarstellerInnen Emmanuelle Devos und Grégory Montel. Ein Vergnügen ist es ihnen zuzuschauen, wie sie die anfängliche Distanz und Ablehnung langsam ablegen und Sympathie füreinander entwickeln.
GUK Kino Feldkirch: Mo 8.5., 15 Uhr


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