Aktuell in den Filmclubs (31.10. – 6.11. 2025) Walter Gasperi · Okt 2025 · Film
Im Skino Schaan bietet der Dokumentarfilm „24 Stunden“ diese Woche einen präzisen Einblick in den Alltag einer rumänischen 24-Stunden-Pflegerin. Das Filmforum Bregenz zeigt dagegen mit François Ozons „Quand vient l'automne – Wenn der Herbst naht“ einen spannenden Mix aus Familiendrama und Thriller.
24 Stunden: Kurze Szenen im rumänischen Vulcan stellt Harald Friedl an den Beginn seines Dokumentarfilms: Hier legt Sadina Blumen am Grab ihrer Schwägerin nieder, kümmert sich um ihre Eltern, verabschiedet sich dann und wird frühmorgens mit einem Kleinbus abgeholt. In neunstündiger Fahrt mit langem Stau an der Grenze geht es nach Österreich, wo die 24-Stunden-Pfleger:innen bei ihren Patient:innen abgeliefert werden. Zielort für Sadina ist Bad Vöslau, wo sie sich schon seit zwölf Jahren um die bettlägerige 86-jährige Elisabeth kümmert. Genau fängt Friedl diesen von empathischer Fürsorge bestimmten, aber auch monotonen und einsamen Alltag ein, konzentriert sich ganz auf diese Schilderung.
Wenn während des Films der Winter in den Frühsommer übergeht, scheint es, dass Friedl mehrere Turnusse zusammengeschnitten hat, doch im Gegensatz zu den meisten anderen Pfleger:innen bleibt Sadina eben immer mehrere Monate in Österreich. Rund schließt der Film mit der Ankunft der Ablöse durch die zweite Pflegerin und der Abreise mit dem Kleinbus – freilich nur für rund einen Monat, bis sie wieder ihre Heimat und ihre Liebsten verlassen und nach Österreich aufbrechen wird.
Nichts wird hier aufgebauscht und dramatisiert. Unaufgeregt ist die Erzählweise, auch auf Musik wird verzichtet. Allein durch die genaue und geduldige Beobachtung stellt sich aber ein eindrückliches und feinfühliges Bild dieses Alltags ein und gleichzeitig wird damit eine Frau und ihre Berufsgruppe ins Licht gerückt, die während der Pandemie zwar kurz gefeiert, dann aber auch schon wieder vergessen wurde.
Skino Schaan: Fr 31.10., 18 Uhr + Di 4.11., 18 Uhr
Quand vient l'automne – Wenn der Herbst naht: François Ozon schlägt auch in seinem 23. Spielfilm nochmals einen neuen Ton an, wenn er zwei alternde, in einer Kleinstadt im Burgund lebende Freundinnen ins Zentrum rückt. Während Marie-Claude (Josiane Balasko) ihren Sohn liebt, obwohl er wegen einer nie genauer definierten Dummheit im Gefängnis sitzt, ist das Verhältnis Michelles (Hélène Vincent) zu ihrer erwachsenen Tochter Valérie (Ludivine Sagnier) sehr angespannt. Dieser Konflikt verschärft sich, als Valérie während eines Besuchs bei ihrer Mutter nach dem Verzehr eines Pilzgerichts im Krankenhaus landet …
Erst langsam erschließt sich, was die Hintergründe dieses Konflikts sind und spannend macht „Quand vient l´automne“ seine Offenheit. Rätseln kann man hier lange, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln wird und worum es eigentlich geht, obwohl retrospektiv gesehen schon die allererste Szene ein Kernthema vorgegeben hat.
Ein Vergnügen ist es, den beiden Hauptdarstellerinnen Hélène Vincent und Josiane Balasko zuzusehen. Bewegend vermitteln sie die Mühen des Alterns, wenn die 81-jährige Vincent als Michelle zwar durchaus zufrieden scheint mit ihrem selbstbestimmten Leben im alten Haus, aber nicht nur mit der Gartenarbeit zunehmend überfordert ist, sondern sich auch Sorgen um ihr nachlassendes Gedächtnis macht. Von Anfang an im Hintergrund steht Michelles Freundin, doch auch deren Unsicherheit wird im Spiel der 75-jährigen Josiane Balasko in jeder Szene spürbar.
Zum Familiendrama, das ganz auf die beiden Freundinnen und ihre Kinder sowie Michelles Enkel fokussiert, kommt aber auch noch eine Thrillerebene. Offen bleibt nämlich, ob Michelle ihre Tochter vielleicht doch mit ihrem Pilzgericht beseitigen wollte, und wie der Zusammenbruch durch die Vergiftung ausgespart wird, zieht sich auch in einer Szene in Paris die Kamera vor dem dramatischen Ereignis zurück und lässt die Vorgänge somit in der Schwebe.
Filmforum Bregenz im Parktheater Lindau: Mi 5.11., 19.30 Uhr (franz. O.m.U.)
Weitere Filmkritiken, Streamingtipps, DVD-Besprechungen und Regisseur-Porträts finden Sie auf meiner Website https://www.film-netz.com.