Aktuell in den Filmclubs (28.3. – 3.4.2025) Walter Gasperi · Mär 2025 · Film

Der Spielboden Dornbirn zeigt diese Woche in Kooperation mit dem Linzer Filmfestival Crossing Europe und dem Jüdischen Museum Hohenems den Dokumentarfilm „Pepi Fandango“. Der FKC Dornbirn – und in den kommenden Wochen weitere Filmclubs – lassen dagegen mit der mitreißenden Tragikomödie „La Cocina – Der Geschmack des Lebens“ in die Spannungen eintauchen, die in einer New Yorker Großküche brodeln.

Pepi Fandango: Lucija Stojević begleitet in ihrem Dokumentarfilm den in Wien lebenden Holocaust-Überlebenden Peter „Pepi“ Perez bei einer Reise nach Spanien und zum französischen Lager Rivesaltes, in dem er interniert war und in dem er den Fandango kennenlernte.
Die Regisseurin hält sich selbst zurück und lässt ihrem Protagonisten viel Raum. In langen Einstellungen beobachtet sie ihn bei Gesprächen mit seinem Freund Alfred Pahola, der für die Filmmusik verantwortlich zeichnet, bei Autofahrten oder der Fahrt mit dem Autozug und schließlich bei den Begegnungen in Spanien und dem Besuch des Lagers. Die äußere Bewegung korrespondiert so unaufdringlich mit einer Reise in die Vergangenheit.
Keine geschlossene Biographie wird nachgezeichnet, sondern bewusst bruchstückhaft bleibt der unaufgeregte und ruhige Dokumentarfilm. In eingeschnittenen, zerkratzten und verwaschenen Schwarzweißbildern werden dabei die schmerzhaften Erinnerungen Pepis visualisiert. Kein echtes Archivmaterial ist das, soll nicht Fakten vermitteln, sondern vielmehr die Gefühlswelt Pepis. Seinen Erzählungen von seiner Kindheit, von der Flucht aus Wien, vom Bad mit der Mutter und von der Trennung von den Eltern werden dabei mit Bildern von einem badenden Kind ebenso wie von fliegenden Vögeln oder einem durch die Landschaft rasenden Zug unterlegt. Auch hier zielt Stojević nicht auf Fakten und Chronologie, sondern will vielmehr einen Gefühlsteppich evozieren. Eindrücklich machen diese Bildfetzen aber auch die Brüchigkeit und Bruchstückhaftigkeit der Erinnerungen und das Heraufdämmern des Vergessenen oder Verdrängten sowie das lebenslang nachwirkende Trauma, aber auch die kathartische Wirkung der Rückkehr ins Lager erfahrbar.
Spielboden Dornbirn: Di 1.4 + Do 10.4. – jeweils 19.30 Uhr (mehrsprachig. OmeU., aber vorwiegend deutsch)

La Cocina – Der Geschmack des Lebens: Der Mexikaner Alonso Ruizpalacios taucht in die multikulturelle Großküche eines New Yorker Restaurants ein und lotet mitreißend die brodelnden sozialen und ethnischen Spannungen aus.
Kein kulinarisches Kino, das Gaumenfreuden weckt, wird hier geboten, denn alles andere als Delikatessen werden hier fabriziert und serviert. Kein Wunder ist es so auch, dass die Kellnerinnen immer wieder mit halbvollen Tellern oder Klagen der Gäste über eine halbgare Pizza oder auch über zu lange Wartezeiten aus dem Gastraum zurückkehren.
Über beinahe 140 Minuten bleibt die in starken Schwarzweißbildern und im engen 4:3 Format gedrehte Tragikomödie dabei fast ausschließlich in der Großküche. Ungemein energetisch ist die Inszenierung und erreicht ihren Höhepunkt in einer fulminanten Plansequenz etwa in der Mitte des Films, bei der die Kamera den Kellnerinnen von der Küche ins Lokal und wieder zurück folgt und auch zwischen den Figuren wechselt. Intensiv evoziert Ruizpalacios mit diesem zupackenden Stil, mit Rhythmuswechseln und starkem Sounddesign die hektische und gestresste Stimmung in dieser Großküche, verliert allerdings auch immer wieder seine Figuren aus den Augen.
Da verschwindet nicht nur die neu eingestellte mexikanische Küchenhilfe, aus deren Perspektive erzählt wird, bald praktisch ganz aus dem Film, sondern mit Ausnahme des Kochs und der von Rooney Mara gespielten Kellnerin gewinnen auch die anderen Küchen- und Serviceangestellten kaum Profil. Als mitreißende Milieustudie, die mit Fokussierung auf das Restaurant auch eindrücklich von sozialen und ethnischen Spannungen erzählt, funktioniert „La Cocina“ aber dennoch. Packend zeigt Ruizpalacios nämlich auf, dass es nicht nur Spannungen zwischen ausgebeuteten Niedriglohnkräften und der Führungsschicht gibt, sondern dass es auch unter dem Küchenpersonal kaum Solidarität gibt, sondern illegale Immigrant:innen und einheimische Arbeitskräfte in einem explosiven Konkurrenzverhältnis stehen.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 2.4., 18 Uhr + Do 3.4., 19.30 Uhr (span.-engl. O.m.U.)
Kinothek Lustenau: Mi 9.4., 20 Uhr + Mo 14.4., 18 Uhr (span.-engl. O.m.U.)
TaSKino Feldkirch im Kino GUK: Do 17.4. bis Sa 19.4. (span.-engl. O.m.U.)
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 28.5., 19 Uhr (span.-engl. O.m.U.)


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