Aktuell in den Filmclubs (27.9. – 3.10.2024) Walter Gasperi · Sep 2024 · Film

Im Cinema Dornbirn wird diese Woche im Rahmen des „Kult Kino Dienstag“ Fritz Langs immer noch durch Bild- und Tonsprache begeisterndes Meisterwerk „M - Eine Stadt sucht einen Mörder“ gezeigt. Beim Filmforum Bregenz steht unter anderem Viggo Mortensens melancholischer Western „The Dead Don't Hurt“ auf dem Programm.

M – Eine Stadt sucht einen Mörder: In Fritz Langs 1931 entstandenem Meisterwerk verbreitet ein Kindermörder in Berlin Angst und Schrecken. Doch nicht nur die Polizei, sondern auch die lokalen Verbrecher, deren Geschäfte durch die Polizeiermittlungen gestört werden, fahnden nach dem Triebtäter.
Während viele Regisseure am Beginn der Tonfilmzeit dazu neigten, ganz auf den Dialog zu setzen, und die visuelle Ebene vernachlässigten, arbeitet Lang souverän mit Bild und Ton. An Stummfilme erinnern hier noch viele tonlose Einstellungen, teilweise werden Geräusche bewusst zurückgenommen, teilweise akzentuieren sie das Geschehen. Wenn sich ein Bettler beim dissonanten Klang einer Drehorgel die Ohren zuhält, dreht auch Lang den Ton ab. Auf Off-Musik verzichtet er, zentrale Bedeutung gewinnt dadurch die Melodie, die der Mörder pfeift und die ihn schließlich entlarvt.
Brillant ist aber auch die variantenreiche visuelle Gestaltung, bei der mit Parallelmontagen die Spannung gesteigert wird, mit kühnen Sprüngen von der Totale in die Großaufnahme und umgekehrt der Blick gelenkt wird und statische Einstellungen dynamischen Kamerabewegungen gegenüberstehen.
Souverän wechselt Lang auch die Genres, lässt „M“ sozialrealistisch mit dem Blick in einen Berliner Wohnblock beginnen, schildert dann fast dokumentarisch die Polizeiarbeit mit Analyse von Fingerabdrücken und eines Schriftstücks, ist satirisch in der Attacke auf die Hysterie und das Denunziantentum, das die Mordserie in der Bevölkerung auslöst, und deckt prägnant die Unzuverlässigkeit vieler sich widersprechender Zeugen, die sich wichtig machen wollen oder auf die Belohnung aus sind, auf. 
Die Verbrecher, die den Mörder vor der Polizei ergreifen und ihm in einem Keller – oder in der Unterwelt – den Prozess machen wollen, scheinen dabei die „Rechtsprechung“ des Nationalsozialismus schon vorwegzunehmen. Wie ein Gestapo-Mann oder sogar Joseph Goebbels wirkt so der Schränker (Gustav Gründgens), der die Bande leitet, mit seinem dunklen Ledermantel und seiner Feststellung, dass ein Triebtäter (großartig: Peter Lorre) beseitigt werden müsse, da er ja immer wieder solche Taten begehen werde.
Cinema Dornbirn in der Reihe „Kult Kino Dienstag“: Di 1.10., 20 Uhr


The Dead Don´t Hurt:
Klassisch setzt Viggo Mortensens um 1860 in Nevada spielender Western zwar mit einem Farmer (Viggo Mortensen) und seinem abgeschiedenen Hof, einer Schießerei in der nahen Stadt und der Hinrichtung eines Unschuldigen ein, doch mit Träumen und Rückblenden, wird von Anfang an ein ungewohnter Ton angeschlagen. Unklar bleibt bei diesem Auftakt vieles und erst lange Rückblenden, die einsetzen, als der aus Dänemark eingewanderte Farmer mit seinem kleinen Sohn Vincent nach dem Tod seiner frankokanadischen Frau Vivienne (Vicky Krieps) die Farm verlässt, bringen langsam Klarheit in die Ereignisse.
Im Zentrum steht die Beziehung zwischen den beiden Protagonist:innen, die beide ihre Unabhängigkeit bewahren und sich nicht vom anderen einengen lassen wollen. So wird auch der Farmer gegen den Willen Viviennes auf Seiten der Nordstaaten in den Bürgerkrieg ziehen und sie allein auf der abgeschiedenen Farm zurücklassen. Er selbst verschwindet damit für lange Zeit aus dem Film und der Fokus liegt ganz auf Vivienne.
Großartig vermittelt Krieps einerseits die Zartheit dieser Frau, andererseits aber auch ihre Unbeugsamkeit und Entschlossenheit. Sie ist das Zentrum des Films, trägt ihn mit ihren Blicken und Gesten. So revidiert Mortensen, dessen Liebe zum klassischen Western man in jeder Szene spürt, gleichzeitig das Genre. Er erteilt der Männerherrschaft und deren Gewalt und Gier eine entschiedene Absage und feiert mit Vivienne eine Frau, die sich ihre Unabhängigkeit nicht nehmen lässt und mit ihrer Unbeugsamkeit die Männer verstört.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 3.10., 20.15 Uhr


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