Aktuell in den Filmclubs (18.4. – 24.4.2025) Walter Gasperi · Apr 2025 · Film

Der FKC Dornbirn zeigt diese Woche das britische Jugenddrama „Bird“, in dem Andrea Arnold aufregend Sozialrealismus mit märchenhaften Elementen mischt. Im Skino Schaan steht dagegen in der Reihe „The Ones We Love“ Denis Villeneuves bildmächtiger und auch inhaltlich starker Science-Fiction-Film „Blade Runner 2049“ auf dem Programm.

Bird: Die Britin Andrea Arnold erzählt, von persönlichen Kindheitserfahrungen beeinflusst, von der zwölfjährigen Bailey (Nykiya Adams), die in einer Küstenstadt in der Nähe von London in tristen Verhältnissen aufwächst. Schon in den ersten Szenen vermittelt Kameramann Robbie Ryan mit hautnah geführter, unruhiger Handkamera in Verbindung mit dem nervösen Schnitt von Joe Bini die Aufgekratztheit und Rastlosigkeit der Charaktere. Verstärkt wird diese Stimmung noch durch den dynamischen Song „Too Real“ der Post-Punk-Band Fontaines D.C.. 
Bailey lebt mit ihrem Vater (Barry Keoghan) in einem für den Abbruch bestimmten Haus, ihr älterer Bruder driftet schon zunehmend in die Kriminalität ab. Doch dann stößt sie bei ihren Streifzügen durch die Natur auf den Vagabunden Bird (Franz Rogowksi) und langsam kommen sich das Mädchen und der seltsame Kauz näher.
Mit dieser Begegnung schleichen sich in den beklemmenden Sozialrealismus, zu dem neben den Bildern auch die Mischung aus Profischauspieler:innen und unverbrauchten Laien sowie der Slang der Dialoge beiträgt, zunehmend poetische und märchenhafte Bilder ein. Weit entfernt sich die die 63-jährige Britin damit vom Sozialrealismus eines Ken Loach und geht ein Risiko ein, denn angreifbar wird sie mit diesen Träumereien. Andererseits scheint sie darin in düsteren Zeiten den einzigen Weg zu sehen, Hoffnung zu verbreiten, denn eine Wendung zum Positiven scheint auf realistischer Ebene kaum denkbar. 
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 23.4., 18 Uhr + Do 24.4., 19.30 Uhr

Blade Runner 2049: Denis Villeneuves Fortsetzung von Ridley Scotts 1982 erschienenem Klassiker ist noch düsterer als das Original. Kein Sonnenstrahl dringt im Jahr 2049 durch die Smogglocke, jede Vegetation ist abgestorben. Las Vegas ist eine nach einer atomaren Katastrophe in gelb-rot getauchte Geisterstadt, am Rand von Los Angeles gibt es eine gigantische Mülldeponie, in der marodierende Banden herrschen und ein Gangster Kinder in Sklavenarbeit den Müll auf Wertsachen untersuchen und zerlegen lässt. Im Gegensatz zu den aufbegehrenden Androiden im Original gehorcht nun die nächste Generation den echten Menschen aufs Wort. Auch Officer K (Ryan Gosling) gehört zu diesen Androiden und muss wie einst Rick Deckard einen der letzten Überlebenden der revoltierenden Replikanten töten.
Villeneuve inszeniert diese Detektivgeschichte konzentriert, lässt nie Hektik aufkommen, sondern erzählt in getragenem Rhythmus, der dem Publikum Zeit zum Schauen lässt. Vertrauen kann er dabei auch auf die meisterhafte Kameraarbeit von Roger Deakins und das phänomenale Production-Design von Dennis Gessner. Schlichtweg atemberaubend sind die Anflüge mit dem fliegenden Auto auf die verschiedenen Locations von den vegetationslosen, von Sonnenkollektoren dominierten Ebenen, in denen in Treibhäusern Proteinwürmer gezüchtet werden, bis zur ganz in Grau getauchten Mülldeponie. 
So sehr aber die visuelle Gestaltung auch staunen lässt, so gerät sie doch nie zum Selbstzweck, sondern dient als Hintergrund, vor dem Villeneuve ruhig, aber konsequent seine Geschichte entwickelt. Schon früh wird dabei die Frage nach dem genuin Menschlichen aufgeworfen. 
Geglückt ist aber auch Villeneuves Umgang mit dem Original, dessen Geschichte überzeugend fortgesetzt wird und nach fast zwei Stunden zu einer bewegenden Begegnung zwischen K und dem um 35 Jahre gealterten und wiederum von Harrison Ford gespielten Blade Runner Deckard führt.
Skino Schaan: Do 24.4., 20.15 Uhr (in der Reihe „The Ones We Love“)


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