Aktuell in den Filmclubs (17.10. – 23.10. 2025) Walter Gasperi · Okt 2025 · Film

Die LeinwandLounge in der Remise Bludenz bietet diese Woche mit „Louise und die Schule der Freiheit“ ein Feelgood-Movie, das die Bedeutung der Bildung feiert. Am Spielboden Dornbirn steht dagegen mit „Pooja, Sir“ ein fesselnder Thriller auf dem Programm, der Einblick in die ethnischen Spannungen und gesellschaftlichen Konflikte im Himalaya-Staat Nepal bietet.

Louise und die Schule der Freiheit: Ende des 19. Jahrhunderts wird eine Lehrerin in ein abgelegenes französisches Bauerndorf versetzt, um dort die Schulpflicht durchzusetzen, stößt aber auf Widerstand der Eltern. 
Éric Besnard feiert die Lust am Lernen und die Bedeutung der Bildung, die es den Kindern einmal ermöglichen könnte, das Leben zu wählen, das sie sich wünschen. Einen Höhepunkt erreicht die positive Entwicklung mit dem Bau eines Schulhauses. Wie nicht anders zu erwarten, müssen sich zwecks Dramatik aber bald auch Konflikte einstellen, weiß doch der Postbote, der die Briefe der Lehrerin liest, über ihre Vergangenheit Bescheid.
Spannend könnte es sein, die unterschiedlichen weltanschaulichen Positionen der bäuerlichen Bevölkerung und der aus Paris kommenden Lehrerin auszuloten, aber für mehr als für Beschimpfungen durch die Frauen interessiert sich Besnard hier nicht. Lieber fokussiert er auf wachsende persönliche Konflikten, die bewältigt werden müssen, während auch der schulische Aspekt bald wieder in den Hintergrund tritt. Rund erzählt der 61-jährige Franzose, neigt aber auch zu einem „Postkartenismus“, bei dem die malerischen Bilder von Kameramann Laurent Daillant allzu gesucht wirken. 
Doch diese Schwächen machen nicht zuletzt die Hauptdarsteller:innen Alexandra Lamy und Grégory Gadebois wett. Während Lamy ebenso zurückhaltend wie entschlossen Louise als selbstbewusste Lehrerin und Frau spielt, variiert Gadebois nach „À la carte! – Freiheit geht durch den Magen“ und „Die einfachen Sachen“ ein weiteres Mal die Figur des knorrigen Griesgrams, unter dessen harter Schale sich eine zärtliche Seele verbirgt. So bietet dieses warmherzige Feelgood-Movie, das Dramatik immer wieder mit Humor abfedert und mit dem Plädoyer für Bildung und Selbstbestimmung der Frau das Herz am rechten Fleck hat, insgesamt gepflegte, wenn auch kantenlose und nachwirkungsfreie Unterhaltung.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 22.10., 19 Uhr 

Pooja, Sir: Deepak Rauniyar entwickelt vor dem Hintergrund ethnischer Spannungen in Nepal einen fesselnden Thriller, in dem die Polizistin Pooja einen Entführungsfall klären muss.
Ganz aus der Perspektive der Protagonistin erzählt Rauniyar und nah dran an den Menschen ist die Kamera von Cheldon Chau. Große Landschaftstotalen, die als Tourismuswerbung fungieren und Fernweh wecken könnten, sucht man hier vergebens, dafür nimmt man unmittelbar am Geschehen teil. Durchaus spannend ist so zwar die Krimihandlung, aber ungleich interessanter sind doch die Einblicke, die in die nepalesische Gesellschaft geboten werden.
Denn Pooja gehört nicht nur zu den 5 bis 7 % weiblichen Angestellten der nepalesischen Polizei, sie ist zudem lesbisch. In der Ablehnung, die sie und ihre Partnerin dafür von ihrem schwerkranken Vater erfährt, spiegelt sich die in Nepal weitverbreitete homophobe Einstellung. Spürbar wird aber auch, wie schwierig es für eine Frau ist, sich in dieser männlich dominierten Gesellschaft durchzusetzen. Zum Blick auf die Polizeistrukturen und auf die Feindseligkeit der Volksgruppe der Madhesi gegenüber den Behörden, die in Straßenszenen immer wieder intensiv vermittelt werden, tritt zunehmend die Aufdeckung eines großen sozialen Gefälles mit unrechtmäßiger Bereicherung und Postenschacher der Oberschicht und Ausbeutung und Misshandlung der Unterschicht.
So entwickelt sich dieser humanistische Thriller, der in Nepal nur in einer zensierten Fassung gezeigt werden darf, mit der Kritik der Protagonistin an der Oberschicht und der Parteinahme für die Unterschicht sowie mit der Thematisierung ihrer Queerness auch zu einem entschiedenen Plädoyer für soziale Gerechtigkeit, Toleranz und die Gleichberechtigung von Minderheiten.
Spielboden Dornbirn: Do 23.10. + Mi 29.10. – jeweils 19.30 Uhr

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