Aktuell in den Filmclubs (10.1. – 16.1. 2025) Walter Gasperi · Jän 2025 · Film
Am Spielboden Dornbirn und in der Kinothek Lustenau steht diese Woche – und in der Bludenzer LeinwandLounge im Februar – unter anderem Pedro Almodóvars Sterbehilfedrama „The Room Next Door“ auf dem Programm. Im Heerbrugger Kinotheater Madlen wird dagegen mit „Hijo de Sicario“ ein starkes mexikanisches Coming-of-Age-Drama gezeigt, in dem der Sohn eines Auftragskillers dem Kreislauf der Gewalt zu entkommen versucht.
The Room Next Door: Eine krebskranke Frau (Tilda Swinton), die nicht langsam an ihrer Krankheit sterben, sondern selbst über ihren Tod entscheiden will, bittet eine Freundin (Julianne Moore), sie auf ihrem letzten Weg zu begleiten.
Pedro Almodóvar erzählt im Gegensatz zur Komplexität vieler seiner Filme auffallend geradlinig. Nur wenige Rückblenden am Beginn unterbrechen die sich nach vorwärts entwickelnde Handlung und der Fokus liegt ganz auf den beiden Frauen. Eine große Plattform bietet dieses Melodram so seinen beiden Hauptdarstellerinnen Julianne Moore und Tilda Swinton, denen Raum gelassen wird, um ihren Charakteren Profil zu verleihen. Dem Zögern und der Unsicherheit Moores steht dabei die Gefasstheit Swintons gegenüber, die zumindest nach außen hin ruhig dem Tod entgegensieht.
Dazu passt auch die zurückhaltende, fast nüchterne Inszenierung. Almodóvar dramatisiert nicht, sondern lässt den Frauen Raum für Gespräche, zeigt nicht die physischen Schmerzen der Krankheit, macht aber deutlich, dass die Konzentrationsfähigkeit der Todkranken zunehmend nachlässt und sie kein Buch mehr lesen kann.
Doch so bitter der Tod auch ist, so feiert Almodóvar mit der formalen Meisterschaft dieses Films doch wieder die Kunst und das Leben und entlässt die Zuschauer:innen nicht niedergeschlagen, sondern trotz allem mit einer Leichtigkeit und beglückt aus diesem bewegenden Kammerspiel.
Spielboden Dornbirn: Sa 11.1., 19.30 Uhr
Kinothek extra in der Kinothek Lustenau: Mi 15.1., 20 Uhr + Mo 20.1., 18 Uhr
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 5.2., 19 Uhr
Hijo de Sicario: Wird der Sohn eines getöteten mexikanischen Auftragskillers den gleichen Weg wie sein Vater einschlagen oder gibt es eine Möglichkeit, aus dem Kreislauf der Gewalt auszubrechen? – Die Frage nach dem Verhältnis von Determinismus und freiem Willen wirft die Literaturprofessorin Susan (Sandra Lorenzano) auf, als der junge Sujo (Juan Jesús Varela) zum ersten Mal in ihre Vorlesung hineinschaut. Später wird auch er selbst die Professorin fragen, ob sie glaube, dass Menschen ein neues Leben beginnen können.
Die Frage, inwieweit das Leben eines Menschen durch das Milieu, in das er hineingeboren wurde, vorherbestimmt ist oder ob jeder einen eigenen Weg wählen und über sein Schicksal selbst entscheiden kann, ist das zentrale Thema des zweiten Spielfilms der beiden Mexikanerinnen Fernanda Valadez und Astrid Rondero. In vier Kapiteln spannt das Regieduo in dem im zentralmexikanischen Bundesstaat Michoacán spielenden Film dabei den Bogen vom Vierjährigen bis zum jungen Erwachsenen. Überschrieben sind die Abschnitte jeweils mit den Personen, aus deren Perspektive auf Sujo geblickt wird.
Zwar geht es um Verbrechen und Auftragskiller, doch eine dezidiert weibliche Perspektive erhält „Hijo de Sicario“ schon dadurch, dass diese Männerwelt nur im Hintergrund präsent ist, der Fokus dagegen ganz auf den Jugendlichen und den Frauen liegt. Ruhig und leise erzählen Valadez und Rondera, erzeugen aber gleichzeitig durch die starken Bilder der Kamerafrau Ximena Amann vor allem in den ersten Abschnitten eine Atmosphäre der Bedrohung und Unsicherheit. Das rund erzählte Coming-of-Age-Drama vermittelt dabei einerseits Einblick in das allgegenwärtige Klima der Gewalt in dem mittelamerikanischen Land, in dem täglich (!) 94 Menschen eines unnatürlichen Todes sterben, verbreitet aber gleichzeitig Hoffnung, indem gezeigt wird, dass trotz ungünstiger Ausgangssituation der Kreislauf der Gewalt und Kriminalität durchbrochen und ein eigener und positiver Lebensweg beschritten werden kann.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 13.1., 20.15 Uhr
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