Ensemble UNPOP „schlammland gewalt“: Felix Römer (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 31. Jul 2025 · Film

Aktuell in den Filmclubs (1.8. – 7.8.2025)

TaSKino Feldkirch und FKC Dornbirn zeigen diese Woche mit „Oslo Stories: Sehnsucht“ des Norwegers Dag Johan Haugerud beziehungsweise „Wenn das Licht zerbricht“ des Isländers Rúnar Rúnarsson starkes Kino aus Skandinavien.

Oslo Stories Sehnsucht: Im dritten Teil von Dag Johan Haugeruds „Oslo Stories“ lässt ein wiederkehrender Traum beziehungsweise ein einmaliger homosexueller Kontakt zwei glücklich verheiratete heterosexuelle Schornsteinfeger über Geschlechtsidentität, Sexualität und Liebe sowie die Rolle der Freiheit in einer Beziehung reflektieren.
Wie die anderen Teile der „Oslo Stories“ wird auch „Sehnsucht“ ganz vom Dialog bestimmt, bleibt aber doch immer federleicht. Mehr noch als „Liebe“ und „Träume“ ist dieser Teil nämlich von sanftem Witz durchzogen und geschickt setzen auch immer wieder Stadtaufnahmen, die von jazziger Musik unterlegt sind, Pausen zwischen den intensiven Dialogszenen.
In diesen Stadtaufnahmen erweitert Haugerud nochmals das Bild der norwegischen Hauptstadt. Denn zeichnete er in „Liebe“ mit den häufigen Überfahrten mit der Fähre das Bild einer Küstenstadt und bewegten sich die Protagonist:innen in „Träume“ vorwiegend durch Fußgängerzonen oder auch durch den nahen Wald, so werden hier immer wieder Stadtautobahnen oder Großbaustellen ins Bild gerückt. In diesen Baustellen kann man auch eine Metapher für die Beziehungen sehen, an denen stets aufs Neue gearbeitet werden muss.
So unabhängig die drei Filme der „Oslo Stories“ so auch sind, so fügen sie sich doch einerseits zu einem Bild Oslos und andererseits zu einem vielschichtigen Bild der Sehnsüchte und Beziehungsmöglichkeiten in der heutigen Welt. Gesellschaftlichen Zwängen erteilt Haugerud dabei eine Absage, plädiert für eine Öffnung der Menschen hinsichtlich Geschlechter- und Beziehungsrollen und für die Freiheit des Individuums, fordert mit dem Blick auf die Partner:innen aber auch Rücksichtnahme – und vor allem eine Gesprächskultur, bei der die unterschiedlichen Ansichten offen und ehrlich ausdiskutiert werden.
TaSkino Feldkirch im Kino GUK: So 3.8., tba; Mo 4.8., 18.15 Uhr; Do 7.8., 18.15 Uhr

Wenn das Licht zerbricht: Una (Elín Hall) und Diddy (Mikael Kaaber) sind frisch verliebt und Diddy will sich von seiner Langzeitfreundin Klara (Katla Njálsdóttir) trennen, wird daran aber durch eine schreckliche Tragödie gehindert. Wie soll nun Una gegenüber Klara, die nichts von der neuen Liebe Diddys wusste, mit ihrer Trauer umgehen? 
Der Isländer Rúnar Rúnarsson erzählt in seinem vierten Spielfilm in langen Einstellungen, in denen er der Stille und den Bildern des sommerlichen Reykjavík viel Raum lässt, doch dazwischen schleichen sich auch immer wieder mit Musik und beweglicher Handkamera aufgeladene Szenen ein. Kunstvoll arbeitet er mit Spiegelungen und Wiederholungen von Szenen, dennoch wirkt das nie aufgesetzt und prätentiös, sondern ergibt sich ganz organisch aus der Geschichte. Über diese Spiegelungen und Wiederholungen wird so poetisch von Liebe und neuer Freundschaft erzählt – und zwischen den Polen steht der tiefe Schmerz, den der Tod Diddys im Leben seiner Freunde ausgelöst hat. Doch über den Schmerz und die Trauer hilft schließlich eine neue Beziehung hinweg, in der man sich gegenseitig Trost spendet und neuen Lebensmut fasst.
Dass die kühl-überlegte Konstruktion „Wenn das Licht zerbricht“ seine emotionale Kraft nicht nimmt, sondern sie sogar noch steigert, liegt wesentlich auch an der Hauptdarstellerin Elín Hall. Intensiv vermittelt die androgyne isländische Musikerin und Schauspielerin die wechselnden Gefühle von Liebesglück zu tiefem Schmerz, von Verdrängung der Emotionen nach außen hin bis zu Eifersucht auf Diddys Noch-Freundin und langsamer Wiederkehr der Gefasstheit. 
Gleichzeitig pendelt dieses bewegende Drama in seiner Kreisbewegung aber nicht nur zwischen Glück und Trauer, sondern löst auch die Geschlechteridentitäten auf und lässt sie schließlich fluid und durchlässig erscheinen.  
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 6.8., 18 Uhr + Do 7.8., 19.30 Uhr

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