Abschiedsfeier für eine Textildruck-Traumfabrik Martina Pfeifer Steiner · Dez 2023 · Aktuell

Eine große Epoche ist zu Ende. Die Stoffdruck-Manufaktur Rueff in Muntlix, durch die Verschönerung von Friedensreich Hundertwasser zur Architektur-Ikone geworden, stellt den Betrieb ein, schließt ihre Tore. Ein würdiger Abschluss.

Vierzig Jahre ist es her, als der bedeutende Künstler Friedensreich Hundertwasser niemanden in Wien fand, der ihm „ein vibrierendes Grün im Halbschatten, das nicht zu flach ist“ auf seine Neuseeland-Flagge drucken konnte, die er als Geschenk für seine Zweitheimat und Wertschätzung der Māori Urbevölkerung entworfen hatte. So landete er bei der Textildruckerei Rueff in Muntlix, und Firmenchef Franz Bischof strotzte vor Selbstvertrauen, dass mit Handwerkskunst dies zweifellos gelingen würde. Es blieb dann nicht nur bei über tausend perfekt mit einer Spirale in vibrierendem Grün bedruckten Koru-Fahnen, sondern die Zusammenarbeit und Freundschaft entwickelten sich weiter und infolge entstanden aufsehenerregende Projekte in der kleinen Vorarlberger Gemeinde Zwischenwasser.

Bei Rueff könne man so viel Schönes fabrizieren, aber das Fabriksgebäude würde davon wirklich noch reichlich vertragen, fand Hundertwasser, er begann mit einer Spitzhacke den Asphalt aufzureißen und mit unebener Pflasterung zu ersetzen. Die Verschönerung mit Farbmosaiken uferte auf die Fassade aus, Eckfenster wurden mit dem Winkel nach innen umgebaut, damit Bäume aus dem sich ergebenden Pflanzentrog wachsen konnten; schiefe Böden, runde Kanten, im Innenraum üppiges Grün, ein real gewordenes Hundertwasser-Häuserbild, und als Krönung ein sechs Meter hoher goldener Zwiebelturm. Die Aufregung darüber war groß, doch im Endeffekt auch die Akzeptanz, weil die von Franz Bischof gestartete Spenden-Sammelaktion für das Gesamtkunstwerk als „Vision einer Loslösung von der Geometrisierung des Menschen und der Architektur“ dermaßen breit angelegt und erfolgreich war. Auf Schritt und Tritt bleibt heute noch Friedensreich Hundertwasser im gesamten Gemeindegebiet präsent, nämlich mit den Straßenschildern und Hausnummerntafeln.

Der Geschäftsführer Bertold Bischof, Sohn des Visionärs, wollte für die 60-jährige Epoche von Rueff-Textil einen würdigen Abschluss finden. Kostensteigerungen und der Standort machten die Fabrik im Exportgeschäft nicht mehr konkurrenzfähig. „Textildruck ist angewandte Kunst“, findet er, „Arik Brauer, Wolfgang Hutter, Ernst Fuchs, Rudolf Hausner und Anton Lehmden waren bei uns zu Gast. Wir haben unter anderem Werke von Rudolf Wacker, Max Weiler, Wolf Vostell, Peter Kogler und Christoph Kiefhaber umgesetzt und sogar für die Andy-Warhol-Foundation gearbeitet“, und er macht die Fabrik zum Ausstellungshaus. In freudiger Kleinarbeit wurden alle Muster und Dessins gesichtet, sortiert, die besten Stücke nach Themen geordnet und im Drucksaal aufgehängt. Die zahlreichen geladenen Gäste durften am „Rausch des textilen Designs“ teilhaben, in Erinnerungen schwelgen und „pflücken was gefällt“. „Nehmt davon etwas mit hinaus in die Welt und macht sie im Sinne von Friedensreich Hundertwasser bunter und schöner."

Man darf gespannt sein, wie es mit der Architektur-Ikone in Muntlix weitergeht, das Potenzial für kreative Ideen wäre an- bzw. aufgelegt, aber jedenfalls schon baulich manifestiert.

Teilen: Facebook · E-Mail