Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Dagmar Ullmann-Bautz · 01. Mai 2015 · Theater

Wilder Freigeist und sinnlicher Poet - "Cyrano de Bergerac" im Vorarlberger Landestheater

Seit seiner triumphalen Uraufführung 1897 in Paris ist die romantische Komödie "Cyrano de Bergerac" von Edmond Rostand das meistgespielte Stück in Frankreich. Die Verfilmung mit Gérard Depardieu erreichte in den Neunzigerjahren ein Millionenpublikum. Am Bregenzer Landestheater feierte die Inszenierung des Wiener Regisseurs Hans Escher gestern Premiere.

Geniales Bühnenbild


In einem durch seine Einfachheit bestechenden, dennoch Opulenz ausstrahlenden und somit genialen Bühnenbild von Renato Uz entwickelt sich die tragisch schöne Liebesgeschichte um den Degen schwingenden Dichter und Freigeist Cyrano de Bergerac. Dem Autor Rostand diente der Romanschriftsteller Cyrano de Bergerac, eigentlich Hector Savinien de Cyrano (1619 - 1655), als Grundlage für sein Stück. Der exzentrische Einzelgänger gilt als Erfinder der Science-Fiction-Romane und als Vorläufer der Aufklärer des 18. Jahrhunderts.

Poetischer Esprit versus Schönheit


Der Haudegen Cyrano geht weder Wort-  noch Degengefecht aus dem Weg. Sein Stolz unterwirft sich niemandem. Cyrano biedert sich nicht an, er spricht aus, was andere nicht wagen, zeigt Missstände auf, hat einen klaren Blick. Doch der Freigeist ist auch empfindsam und leidet unter seiner wahrlich exorbitanten Nase. So wagt er es nicht sich der wunderschönen Roxane zu offenbaren, in die er sich unsterblich verliebt hat. Roxane wiederum verliebt sich in den nicht unsympathischen Schönling und Kadetten Christian. Da dieser außer seiner Schönheit nicht viel, weder Esprit noch Wortgewandtheit, zu bieten hat, ersinnt Cyrano den aberwitzigen Plan, Christian seine Worte, seine Stimme zu borgen und erwirkt somit auch für sich die Möglichkeit, seinem Lieben und Begehren Ausdruck zu verleihen. Doch das kann auf Dauer natürlich nicht gut gehen, da der Comte de Guiche ebenfalls ein Auge auf die liebreizende Roxane geworfen hat.

Originelle Details


Die Geschichte, die Regisseur Hans Escher erzählt, hat anfangs etwas Anlaufschwierigkeiten, kommt dann jedoch wunderbar in Fahrt, unterhält mit äußerst witzigen Elementen und berührt auch zutiefst. Ob das ganze dann wirklich drei Stunden andauern muss, ist zu hinterfragen. Selbstverständlich braucht das Publikum Zeit, muss sich erst einhören in das Versmaß, das leider nicht von allen Schauspielern wirklich gut verständlich artikuliert wird. Die herrlichen Kostüme von Andrea Hölzl - sie mischt Historisches mit verspielt modernen Elementen - sind ein Augenschmaus und überraschen mit originellen, amüsanten Details. Die Zitate aus der kontemporären Fantasy- und Sci-Fi-Welt als Anspielung auf Cyranos Romane sind klug gewählt und machen richtig Spaß.

Vielschichtiger und bejubelter Cyrano


Der Theaterabend steht und fällt mit der Figur des Cyrano und Tim Breyvogel ist einfach eine großartige Besetzung. Er spricht, tanzt, er singt, er kämpft, lacht und weint, liebt und leidet von der ersten bis zur letzten Minute. Sein Cyrano hat eine Vielschichtigkeit, die einfach in den Bann zieht. Er spielt den Clown, lässt uns in einem Moment schallend lachen, um uns im nächsten Moment über die Maßen zu berühren, uns ganz tief in sein Herz, in seine Seele blicken zu lassen.

Uneinheitliche Ensembleleistungen


Boris Popovic als Christian hat da natürlich einen schweren Stand, doch er schlägt sich tapfer und man spürt förmlich seine Selbstzweifel und seine Ängste. Der Comte de Guiche wirkt etwas steif in seinem Werben um die schöne Roxane. Astrit Alihajdaraj vermag es nicht ganz den eitlen Gecken zu zeichnen. Ganz entzückend Wolfgang Pevestorf als verspotteter Schauspieler Montfleury, sein dichtender Zuckerbäcker Ragueneau gerät hingegen etwas harsch. Daniel Wagner weiß in der Figur des guten Freundes Le Bret, mit all seiner  Anteilnahme und Empathie für Cyrano, zu überzeugen. Le Capitaine Carbon, Maximilian Anton Berlinge, bleibt sehr dezent, er kommt und geht von der Bühne, man merkt es kaum.

Theaterabend, der polarisiert


Die wunderschöne Roxane wird von Constanze Passin gespielt, recht unaufgeregt, mit Würde und etwas gedämpfter Leidenschaft. Tamara Stern stellt wieder einmal ihre phantastische Wandelbarkeit und ihr großartiges komödiantisches Talent unter Beweis, sie brilliert in der Figur der Duenna.

Der Theaterabend polarisierte recht stark. Nur bei Tim Breyvogel waren sich alle einig: Seine Leistung wurde zu recht vom Publikum bejubelt und bei der anschließenden Premierenfeier wiederholt hervorgehoben.

 

Weitere Vorstellungen: 07/05, 27/05, 30/05, 07/06, 19/06
Stückeinführung: 05/05, 19/06
www.landestheater.org
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