Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Dagmar Ullmann-Bautz · 29. Apr 2016 · Theater

Watschen, Blut und Scherben – Das aktionstheater ensemble im Festspielhaus Bregenz

So herrlich komisch und doch so traurig und bewegend schleicht es sich ganz gemein an, nimmt dich mit und lässt dich dann gnadenlos fallen. Martin Grubers neuster Geniestreich präsentiert sich inhaltlich und formell stimmig und rund.

„Jeder gegen Jeden“ feierte gestern seine Uraufführung auf der Hinterbühne des Bregenzer Festspielhauses. Und der Theaterabend, eine Koproduktion mit dem Bregenzer Frühling, wirkt nach, wie man es vom Aktionstheater gar nicht anders erwartet. Die Entsolidarisierung unserer Gesellschaft, die „Kultur der Unhöflichkeit“ (Buchtitel von Thomas Mießgang) wird auf der Hinterbühne des Bregenzer Festspielhauses richtiggehend zur Schau gestellt. Sieben Schauspielerinnen, zwei Schauspieler sowie ein Musiker schreien, lachen, weinen, singen und tanzen. Sie halten das Publikum in Atem und faszinieren mit unterschiedlichstem Ausdrucksstil und Spiel, eine Jede, ein Jeder ein kleiner Kosmos für sich.

Großartiges Ensemble


Babette Arens, Michaela Bilgeri, Susanne Brandt, Martin Hemmer, Alev Irmak, Isabella Jeschke, Alexander Julian Meile, Kirstin Schwab und Roswitha Soukup begeistern mit mitreißendem Spiel, mit explosiver Kraft und ungehemmter Energie. Der junge Vorarlberger Schauspieler Martin Hemmer bestreitet sein Debüt beim aktionstheater ensemble und offenbart im Spiel mit Musiker Andreas Dauböck am Schlagzeug und Keybord auch sein großes musikalisches Talent an der E-Gitarre, der Blockflöte, am Klavier sowie als Sänger.

Gruber weiß, was er tut


Eine Jede, ein Jeder ist nur auf sich bedacht, reagiert zwar manchmal auf den anderen, aber immer nur mit dem eigenen Ziel vor Augen. Das Stück greift nicht die großen Themen auf, sondern beginnt dort, wo sich jeder von uns zumindest teilweise wiedererkennen kann, in alltäglichen Situationen. Martin Gruber weiß ganz genau, was er tut, er weiß, wo er den Stachel ansetzen muss und wie er sein Publikum auch mal in die Bredouille bringen kann. Wenn das Publikum um seine Meinung gefragt wird, kann es heikel werde, nicht jedoch, wenn dies so genial wie einfach angelegt ist, wie bei Gruber. In kleinen Monologen und bruchstückhaften Dialogen erzählen die Figuren fast nichts und damit wieder ganz viel. Eine von Anfang bis zum Schluss durchgezogene Choreographie hält die Performance unglaublich gut zusammen, erzählt von einem Rest oberflächlicher Solidarität und verdichtet zusätzlich das, was der Text vermeintlich offen lässt.

Wunderschöne Ausstattung


Es ist kein Autorenstück, es ist ein Gemeinschaftsprojekt. Das aktionstheater ensemble, der Regisseur Martin Gruber und der Autor Wolfgang Mörth zeichnen verantwortlich für den Text, Martin Ojster für die Dramaturgie. Die Künstlerin Ona B. hat die Bühne und die Kostüme entworfen, einen großzügigen Raum in blutrot, der wunderbar korrespondiert mit den zartrosa Kleidern der Schauspierlerinnen.

Wieder einmal entlässt das aktionstheater ensemble ein tief beeindrucktes und begeistertes Publikum, das sich mit tobendem Applaus bei allen Protagonisten bedankt.