Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Dagmar Ullmann-Bautz · 15. Mai 2011 · Theater

Unterhaltsamer Horror am Freitag, den 13. – Stephen Kings „Misery“ am Vorarlberger Landestheater

Der von Kultautor Stephen King 1987 verfasste und von Simon Moore für die Bühne adaptierte Roman „Misery“ wurde in Bregenz vom deutschen Theaterregisseur Tobias Materna inszeniert. Ein mutiges Unterfangen, denn Stephen Kings Thriller „Sie“ (deutscher Titel des Romans) war schon in gedruckter Form ein großer Erfolg, der durch die Verfilmung von Regisseur Rob Reiner mit der Oscar gekrönten Kathy Bates als psychopathische Annie Wilkes noch getoppt wurde.

Isolation, Einsamkeit und menschliche Abgründe  sind zentrale Themen dieser Geschichte. Der Bestsellerautor Paul Sheldon wird nach einem Autounfall während eines schrecklichen Schneesturms  von der ehemaligen Krankenschwester Annie Wilkes gerettet. In ihrem einsam gelegenen Haus pflegt sie den Verletzten, denkt aber im Traum nicht daran, ihn in ein Krankenhaus zu bringen oder irgendjemanden zu informieren. Es stellt sich heraus, dass Annie ein großer Fan des Autors bzw. seiner Serienroman-Heldin Misery ist und es für sie ein ganz besonderes Glück darstellt, diesen Mann in ihrem Haus und in ihrer Gewalt zu haben. Annie Wilkes ist eine wahrhaft gestörte Persönlichkeit und Paul Sheldon nicht ihr erstes Opfer. Als sie entdeckt, dass Misery am  Ende des aktuellen Romans stirbt, dreht sie endgültig durch. Mit grausamer Gewalt zwingt sie den Autor, ihre Heldin wieder auferstehen zu lassen.

Zwei hervorragende Schauspieler

Die kleine ganz große Schauspielerin ChrisTine Urspruch verkörpert Annie Wilkes mit großer Präsenz. Von der ersten bis zur letzten Minute zieht sie den Zuschauer in ihren Bann, vermag ihn zum Lachen zu bringen, erzeugt Mitgefühl und Betroffenheit, aber auch Gänsehaut. Sie steht zum ersten Mal auf der Bregenzer Bühne und man darf hoffen, dass es nicht das letzte Mal sein wird. Martin Olbertz in der Rolle des ausgelieferten, malträtierten, schwerst verletzten Autors Paul Sheldon zeichnet  eindrücklich einen Menschen voller Schmerz und Verzweiflung, ausgestattet mit einer unglaublichen Lebenskraft und einem nicht zu brechenden Lebenswillen.

Horror und Humor

Regisseur Materna beweist mit seiner Inszenierung große Sorgfalt im Umgang mit dem Text, dazu eine einfühlsame Schauspielerführung und ein ordentliches Maß an Kreativität. So kreiert er einen wunderbar unterhaltsamen, spannenden und  gruseligen Theaterabend ganz im Stile des modernen Splattermovies, der, neben Horror und reichlich Blut, mit ironischem Humor punktet. Großartige Unterstützung findet das Konzept im Beitrag des Musikers und  Komponisten Martin Urrigshardt, der die emotionsgeladene Szenerie mit seiner Musik- und Klangkulisse wirkungsvoll verstärkt. Die Kostüme von Martina Stoian verleihen den Figuren zusätzliche Kontur, während die Bühne von Paul Lerchbaumer durch einfache, reduzierte Klarheit, die keine Fragen offen lässt und die Situation haargenau auf den Punkt bringt, besticht. Arndt Rössler demonstriert ein weiteres Mal seine große Sensitivität und schenkt dem Bühnengeschehen ein absolut stimmiges Lichtdesign.
Das Publikum bedankte sich mit begeistertem Applaus für einen tollen Theaterabend.