Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Dagmar Ullmann-Bautz · 14. Mär 2014 · Theater

Trashiges Lustspiel - Heinrich von Kleists "Der zerbrochene Krug" am Vorarlberger Landestheater

Gestern wurde im Vorarlberger Landestheater die Premiere von Heinrich von Kleists "Der zerbrochene Krug" gefeiert. Inszeniert wurde der Klassiker von dem jungen Regisseur Steffen Jäger, der in den letzten Jahren mit "Tartuffe" und "Bunbury" in Bregenz Erfolge feierte. Seine Kreativität bewies er auch dieses Mal, doch die klare Bildsprache, wie sie in seinen letzten Inszenierungen zu sehen war, ließ diesmal zu wünschen übrig.

Erschlagener Sprachwitz


Überbordende Fantasie ohne Struktur war leider ein Wermutstropfen am gestrigen Premierenabend. Das Ensemble agierte mit größter Spielfreude, gleich einem überschäumenden Glas Prosecco, doch unkoordiniert und beliebig, was dem Lustspiel die eigentliche Bestimmung und Leichtigkeit raubte. Steffen Jäger hat Kleists Text nicht vertraut, hat den wunderbaren Sprachwitz, der dem Stück innewohnt, mit großen und auch groben Gesten erschlagen. Die Ernsthaftigkeit nach der Pause, hätte auch vor der Pause an manchen Stellen gut getan und dem Theaterabend somit auch mehr Einheit, aber auch mehr Abwechslung und damit mehr Spannung  gegeben.

Nötigung, Machtmissbrauch, Korruption – alles Themen unserer Zeit - wären wunderbare, ja zwingende Angebote gewesen, die der Regisseur nicht zu nutzen wusste und sich stattdessen in platten regionalen Anspielungen und trashiger Verspieltheit verliert.

Gutes Zusammenspiel von Bühne und Kostüm


Die einfache und wunderschöne Bühne von Sabine Freude bietet den Schauspielern eine großartige Spielfläche und dem Zuschauer viel Interpretationsspielraum.  Aleksandra Kicas Kostüme kommen darauf exzellent zur Wirkung.

Verdoppelung der Atmosphäre


Der Musiker Boris Fiala, seit Alexander Kubelkas Intendanz immer wieder Gast in Bregenz, hat ein musikalisches Arrangement kreiert, das nicht mit feinen Tönen spielt. Mit dröhnendem Lärm traktiert es im ersten Teil des Stückes das Trommelfell des Zuschauers und verdoppelt damit die chaotischen Zustände im Gerichtssaal des Richters Adam. Nach der Pause, als sich die Knoten langsam lösen, wird auch die Musik entsprechend glatter.

Buntes und doch homogenes Ensemble


Die Homogenität des Ensembles und die schon erwähnte Spielfreude waren durchaus zu sehen. Sébastien Jacobi beeindruckt mit seinem Spiel als junger und attraktiver Richter Adam. Leider wurde hier durch das übliche zerschlissene Kostüm und die ausgestellte Ramponiertheit das aufgelegte Potential nicht genutzt. Alle Figuren des Stückes waren im Heute angekommen, Adam leider nicht.  Eine äußerst köstliche Figur zeichnete Daniel F. Kamen mit seinem Schreiber Licht, der sich sehr unauffällig auffällig immer wieder zu Wort meldet. Helga Pedross überzeugt mit einer starken Bühnenpräsenz und verleiht damit der Frau Marthe Rull die nötige Kraft und Intensität. Ihre Tochter Eve (Laura Mitzkus) verwirrte etwas in ihrer Unentschiedenheit zwischen bravem, unbescholtenem Mädel und der jungen, selbstbewussten Frau. Der Gag, den Gerichtsrat Walter (Lukas Spisser) mit Wiener Spracheinfärbung zu gestalten, sollte wahrscheinlich den braven Vorarlberger amüsieren. Bernd-Christian Althoff spielt einen naiven und gutmütigen Ruprecht, was durch sein jugendlich freches Outfit ziemlich kontrastiert wird. Weiters waren Mario Plaz, Andreas Jähnert, Alexandra Maria Nutz, Steffi Staltmeier und Willy Kiesenhofer mehr oder weniger aktionsreich auf der Bühne zu sehen.

Der recht lieblose und etwas schlampige Schluss verleitete das Publikum am Ende des Stückes zusätzlich zu recht verhaltenem Applaus - sehr schade!