Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Anita Grüneis · 18. Feb 2016 · Theater

Einen Moment bitte! - Das Komiker-Duo Beck und Biedermann im TAK

Links eine kleine Hotel-Rezeption, rechts ein gemütliches Sofa, dahinter führt eine Treppe nach oben und zwischen all dem thront in der Mitte eine freistehender Lift, über dessen Türe drei Buchstaben prangen: E, R und D. Die Türe des Lifts öffnet sich, zwei Männer stehen Rücken an Rücken gelehnt inmitten von feuerroten Wänden. Schlafend purzeln sie auf den Boden. Die Lifttüren schließen sich wieder. So beginnt das neue Stück „Einen Moment bitte!“ des Komiker-Duos Nicolas Biedermann und Thomas Beck im TAK.

Da sind sie nun im „R“ gelandet. „R“ wie Rettung, Risiko, Rückzug oder Realität? Egal was es auch ist, sie müssen damit zurechtkommen. Ganz wie im richtigen Leben. Und keiner ist für sie da, keiner begrüßt sie, freut sich über ihr Kommen, fragt nach ihrem Befinden. Tja, was nun? Zuerst belauern sich die beiden gegenseitig, testen an sich immer wieder, ob noch ein Pulsschlag zu spüren ist, ob sie in der Surrealität oder gar im Totenreich gelandet sind.

Eine neues Komiker-Duo


Möglich wäre es, denn im Vorgänger-Stück „Zum Ausgang bitte“ lernten sich die beiden Herren im Flugzeug kennen und da die Maschine einen technischen Defekt hatte und ein Absturz möglich wurde, tauschten sie ihre Erinnerungen aus. Das war das erste Stück, das sich die beiden Schauspieler auf den Leib geschrieben hatten und auch selbst inszenierten. Mit dem Stück „Einen Moment bitte“ folgt nun die Fortsetzung. Gab es doch einen Absturz und die beiden sitzen nun irgendwo im Jenseits? Ganz alleine mit sich? Aus dem kleinen Radio bereut Edith Piaf immer noch nichts, an der Rezeption hängt das Schild „Bin gleich zurück“, das Telefon hat keine Wählscheibe, keine Treppe führt nach unten und auch der knopflose Lift steht fest auf dem Bühnenboden – Gibt es überhaupt ein Unten oder nur ein Oben? Das „D“.

Irgendetwas tun


Das Dach, das Dahinter oder das Darüber? Egal. Es wird das Ziel der beiden werden. Doch davor müssen sie das Warten und das Nichtstun aushalten. Und das ist gar nicht einfach, wenn niemand etwas von einem will. Doch dann klingelt das Telefon. Ausdauernd. Bis Thomas Beck, der kleine quirlige und zuvorkommende Herr mit dem tief verankerten Pflichtbewusstsein, irgendwann abnimmt. „Was kann ich für Sie tun?“, fragt er und schon hat er jede Menge Aufgaben, die er sofort erledigt, denn die Wünsche anderer sind vielfältig und ihm heilig. Er ist so beschäftigt mit seiner neuen Tätigkeit, dass er einen Tisch mit alkoholischen Getränken aus dem plötzlich geöffneten Lift holt, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Sich Sinn geben


Lange beobachtet Nicolas Biedermann, der coole Manager, der weiß, wo es langgeht und für jede Situation ein Konzept zu haben scheint, das Geschehen. Als er sich entschließt, mitzuspielen teilen sich die beiden den Job, überlegen nebenbei, wie es wäre, wenn sie nie wegkommen würden von diesem Ort, singen die Internationale und landen damit in der West Side Story. „There’s a place for us“ schmettern sie inbrünstig, saufen sich einen an und überlegen am nächsten Tag neue Lösungsansätze, um der Situation zu entkommen. Denn der verschlossene Lift könnte alles Mögliche bedeuten: Gott, der Sinn des Lebens, das ganze Schicksal – oder eben das Nichts. Irgendwann wird den beiden Herren das Warten auf den Lift als Transportmittel zu blöd und sie nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Sinnigerweise verwenden sie dazu all die Sachen, die sie von den imaginären Hotelgästen abgeholt haben – somit waren auch ihre Jobs als Erfüllungsgehilfen sinnvoll - wie überhaupt alles irgendwann einmal Sinn macht, wenn man es nur erkennt.

Zwei Seiten, eine Münze


Nicolas Biedermann und Thomas Beck spielen routiniert und doch bleibt immer ein Hauch von Improvisation, wie das der Slapstick erfordert. Dabei kommt Thomas Beck vor allem seine artistische Ausbildung zugute. Er kann tatsächlich ohne Worte alle zum Lachen bringen - seine Mimik und seine Körperlichkeit sprechen Bände, das prägt vor allem den Anfang des Stückes. Nicolas Biedermann ist mit seinem besserwisserischen Manager-Gehabe ein guter Kontrast dazu. Dass beide dann aber doch nur die zwei Seiten einer Münze sind, wird in diesem Stück deutlich. Man braucht sich gegenseitig, des einen Stärke wiegt des anderen Schwäche auf. Da wächst ein interessantes Komiker-Duo heran, das sich Sebastian Frommelt für die dramaturgische Beratung ihrer Stücke holte und somit auch das kritische „Auge von außen“ sicherte. Ihre neue Produktion unterhält leichtfüßig, macht Spaß und gibt doch zu denken. „Einen Moment bitte!“ ist ein Stück aus dem Leben für das Leben.

 

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