Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Dagmar Ullmann-Bautz · 08. Okt 2017 · Theater

Irritierend, quälend, real! – „Unter Verschluss“ von Pere Riera am Vorarlberger Landestheater

Gestern feierte das Vorarlberger Landestheater seine zweite Premiere in einer Saison, die dem Motto „Machtspiele“ unterstellt ist. Mit dem Stück „Unter Verschluss“ des katalanischen Autors Pere Riera zeigte das Landestheater die österreichische Erstaufführung eines Machtkampfes, wie er grausliger kaum sein könnte. Der deutsche Regisseur Maik Priebe inszenierte den Abend im Bühnenbild von Mira König.

Perfides Spiel

Über den Präsidenten eines unbestimmten Landes sind massive Gerüchte betreffend sexueller Kontakte zu Minderjährigen im Umlauf. In dieser Situation steht ein Live-Interview mit einer bestens bekannten Journalistin bevor. Diese befindet sich im Besitz von Beweisfotos, die den Präsidenten der Pädophilie überführen würden. Für ihn eine äußerst heikle Situation, es geht um alles. Im Vorfeld des Interviews beginnt nun ein perfides Spiel um Macht und Machterhalt. Mit allen Mitteln – Nötigung, Erpressung, Drohung – versuchen Pressesprecher wie Präsident selbst, die Journalistin von ihrem Vorhaben abzubringen. Dass die 15-jährige Tochter der Journalistin zur selben Zeit mit Drogen aufgegriffen wird, scheint kein Zufall.

Großartige Schauspieler

Judith van der Werff brilliert in der Rolle der Journalistin Sílvia Utgés. Man durchlebt mit ihr diese große Herausforderung, die Irritationen, die menschlichen Stärken, die Schwächen. Ihre Opponenten, zwei Personen, die andere von Berufs wegen benutzen und manipulieren, sind mit allen Wassern gewaschen und aalglatt. Das spielt Tim Weisschnur mit Bravour. Er mimt den Pressesprecher Cáceres und man kommt nicht umhin, unheimliche Parallelen zur Realität zu erkennen. Die Schlammschlacht, die sich zurzeit durch den österreichischen Wahlkampf zieht, macht Rieras Stück geradezu hochaktuell. Christoph Jacobi gibt den Präsidenten, der sich windet, die Drecksarbeit den anderen überlässt und schließlich ungeschoren davonkommt. Allesamt drei wunderbare SchauspielerInnen, die nicht nur über den Text erzählen, sondern mit ihrer Körpersprache eine Punktlandung hinlegen.

Diskussionsstoff

Das Stück zeigt eindrücklich, wie banal und einfach Manipulation funktioniert und regt damit gewiss auch zur Diskussion an. Doch zu diskutieren, zu schimpfen, sich aufzuregen, das ist das eine, und eigentlich, und das will uns Rieras Geschichte wohl sagen, müsste man handeln.

Beklemmende Stimmung

Mira König hat eine einfache, aber großartig funktionierende Bühne konzipiert. Gemeinsam mit den ebenfalls von ihr entworfenen Kostümen ergibt sich ein stimmiges Bild. Die Musik von Ole Schmidt verstärkt die Beklemmung und ist wirklich hörenswert. Last but not least ist das Licht von Arndt Rössler zu nennen, das am gestrigen Premierenabend Emotionen wie Stimmungen wunderbar intensivierte.

Das Publikum zeigte sich begeistert und brachte dies mit großem Applaus zum Ausdruck.

Weitere Aufführungen: Di 10.10. / Mi 18.10. / Sa 21.10. / Fr 27.10. / Do 2.11. / So 19.11., jeweils 19.30 Uhr
Stückeinführungen: Di 10.10. / Mi 18.10. / Sa 21.10. / Do 2.11. / So 19.11., jeweils 19.00 Uhr