"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Dagmar Ullmann-Bautz · 09. Feb 2014 · Theater

Gute Unterhaltung, geistreich und witzig! - Café Fuerte spielt "Die Montanahls" in Tschagguns

Sinnige Sprüche, herrlicher Slapstick, eine wunderbare Location, ein ausgezeichnetes Ensemble mit großer Spielfreude lassen die lange Hin- und Rückfahrt vergessen - jeden Kilometer war dieser Abend wert! Im schönen Montafon, in Tschagguns, feierte die erste Folge der sechsteiligen Theatersoap gestern Abend Premiere.

Dass Theater vieles bewirken kann, hat schon Augusto Boal (1931 - 2009) mit seinem Politischen Theater in Südamerika bewiesen. Dem Regisseur und Theatertheoretiker Boal, dessen Vorbilder u.a. Bertold Brecht und Konstantin Stanislawski waren, ging es um eine Veränderung der Realität durch Theater, um Lösungen sozialer Probleme und eine Demokratisierung der Politik durch Theater. Aber auch Theater in der Schule, Theater mit Jugendlichen stützt sich auf die Tatsache, dass Theater eine Breitenwirkung sowohl nach innen als auch nach außen hat wie kaum etwas anderes.

Sechs Folgen in drei Jahren


Diese Tatsache nutzt nun "Vallile", die Raumentwicklung Montafon, die gemeinsam mit der freien Theatergruppe Café Fuerte ein 3-jähriges Theaterprojekt entwickelt hat, das gestern in der aufgelassenen Kegelbahn des Gasthauses Jochum in Tschagguns mit der Premiere von "Die Montanahls" seinen Startschuss erlebte. Sechs Folgen sind geplant und jede wird an einem speziellen Ort in einer anderen Gemeinde des Montafons spielen.

Neue Dynamik


Die Region Montafon ist 2008 mit der Bitte an das Land Vorarlberg herangetreten, sie bei der regionalen Entwicklung zu unterstützen. Seit nunmehr 5 Jahren betreut und koordiniert Kairos - Wirkungsforschung und Entwicklung Gmbh, den Prozess Raumentwicklung Montafon. Das, was in den letzten Jahren auf Bürgermeister-Ebene und anderen Gremien am runden Tisch diskutiert wurde, soll nun durch Theater den Bürgern nähergebracht werden, um damit dem Diskurs eine andere, eine neue Dynamik zu verleihen.

Große Geschichten an kleinen Orten


Mit Café Fuerte, einer relativ jungen Theatercompany, haben die Projektleiter den idealen Partner gefunden. Café Fuerte, das sind in erster Linie Danielle Strahm, eine aus dem Appenzell stammende Regisseurin, und der Vorarlberger Schauspieler und Autor Tobias Fend. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht große Geschichten an kleinen Orten zu erzählen. Ihre Aufführungen, ihre Projekte finden an Nicht-Theater-Orten im ländlichen Raum statt. Unter Café Fuerte stellen sich die jungen Theatermacher ein lebhaftes Café vor, irgendwo an einem imaginären fernen Ort, wo man eintritt, mit fremden Menschen ins Gespräch kommt und für eine kurze Zeit in einer anderen Welt verschwindet.

Unmittelbarkeit und Direktheit


Mit ihren Stücken schaffen sie intensive und direkte Theatererlebnisse immer ganz nah am Publikum. In einer Welt, die von Kommunikationsmitteln beherrscht wird, hat diese Unmittelbarkeit und Direktheit eine ganz besondere Qualität.

Wilde Mischung


Mit der Site-Specific-Theatersoap "Die Montanahls" hat Tobias Fend einen witzigen Theatertext geschrieben, der von Regisseurin Danielle Strahm mit genialen Regieeinfällen, temporeich und sehr genau inszeniert wurde. Die wilde Mischung aus "Piefke-Saga", "Bulle von Tölz", "Romeo und Julia" und bekannten Schlagermelodien ist genauso vergnüglich wie hintergründig.

Montanahls und Capulehrs


Der Hotelier und Gemeinderat Hubert Montanahl aus Schugganz ist außer sich: In seinem Hotel terrorisiert ein Geist die Gäste und verlangt, dass im ganzen Ort nichts mehr gebaut wird, wo er doch gerade dabei ist, gemeinsam mit seinem Spezi Beton Toni, kurz Betoni, den wunderbaren, riesigen und alles verändernden Alpen-Dome zu planen. Und ausgerechnet die Tochter seines Erzfeindes Capulehr aus Danvans, die heimliche Freundin seines Sohnes, ist die einzige, die den Geist austreiben könnte.

Hervorragende Schauspieler


Tobias Fend spielt und singt den Hubert Montanahl mit großartigem Einsatz, ein Choleriker wie er im Buche steht, der das Publikum mit perfekt gesetzten Pointen herzhaft lachen lässt. Der aus Bayern stammende Schauspieler Mike Langhans begeistert in den Rollen des etwas doofen Sohnes Joe und des skrupellosen und unverschämten Bauunternehmers Beton Toni, angelehnt an den Rambold Toni aus "Der Bulle von Tölz". Die temperamentvolle, resolute, etwas esosterisch angehauchte Hedwig Capulehr und die kleinkarierte, sehr schrille, sich über alles erregende deutsche Touristin Frau Dr. Loheim werden von der Schauspielerin Kristine Walther mit großer Spielfreude und Wandlungsfähigkeit dargestellt.

Stimmungsvoll begleitete der Musiker und Komponist Florian Wagner den Abend.

Wunderschöne Location


Die alte aufgelassene Kegelbahn in Tschagguns ist ein wunderschöner Ort, ein Holzhaus mit riesigen, traumhaft schönen Sprossenfenstern mit Blick auf einen kleinen, feinen Hinterhof. Café Fuerte hat hier nicht einfach nur Theater gespielt, hier wurde alles was innen sowohl wie außen zur Verfügung stand, als Gegebenheiten miteinbezogen.

Das darf niemand verpassen


Das Publikum, das in diesem kleinen Raum ganz nah am Geschehen ist, praktisch auf der Bühne Teil davon wird, dankte am Schluss mit begeistertem Applaus. Und alle waren sich einig, dass man keine der 6 Episoden verpassen dürfe.

 

Die drei noch geplanten Aufführungen von "Die Montanahls" sind bereits ausverkauft, doch es wird Zusatzvorstellungen geben. Die Termine erfahren sie von Elisabeth Schuchter im Gemeindeamt Tschagguns. Telefon: 43/5556/72239-10 oder email: elisabeth.schuchter@tschagguns.at

Informationen zu Café Fuerte finden sie unter: www.cafefuerte.ch