Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Peter Füssl · 14. Mai 2011 · Theater

Gruber light – die „Zukunftsmaschine“ des aktionstheater ensembles tuckerte bei der Uraufführung im Bregenzer Festspielhaus gemütlich vor sich hin

Okay, man kann nicht immer nur den wilden Mann heraushängen lassen, denn das verliert mit der Zeit selbst im Theater seine Wirkung. Und dass er weiß, wie das geht, hat Martin Gruber mit seinem aktionstheater ensemble ohnehin schon hinlänglich bewiesen. Die im Rahmen des Bregenzer Frühlings uraufgeführte „Zukunftsmaschine“ ist solide gebaut, aber nicht unbedingt ein weiterer Meilenstein in der aktionstheater-Geschichte.

Buntes Multimedia-Sammelsurium

Eine gute Stunde lang durfte man sich auf der großen Leinwand einen wunderschönen Wolkenhimmel, sattgrüne Naturlandschaften, spärlich durchmischt mit Tsunami-Katastrophen-Bildern aus Japan ansehen. Vor, hinter und neben dieser von Pablo Leiva und Edward Chapon angefertigten Video-Tapete bewegten sich Christian Dolezal, Kirstin Schwab, Tobias Voigt, Johanna Rehm, Eduard Wildner und Florentin Groll auf einer Bühne mit laufstegartigem Zugang, hingen am Kletterseil, saßen im Liegestuhl oder am imaginären Lagerfeuer. Sie räsonierten über Gott und die Welt, vor allem aber über den Tod, das Sterben, was man bei den verschiedenen Formen des Suizids besonders beachten müsse und über das Begraben-Sein (nur nicht neben Rainhard Fendrich!). Der verbale Teil des Stückes besteht aus Interview-Schnipseln gekoppelt mit Texten von Andreas Staudinger und spielt sich größtenteils in Monologen ab. Im Zusammenhang mit dem Thema „Zukunftsmaschine“ fallen Reizwörter wie „Jules Verne“ oder „Matrix“, und ein Space Cowboy ist aus der Zukunft zurückgekehrt, um die Buckelwale zu retten. Wirklich zueinander finden die Akteure nur bei den nonverbalen Parts, wenn sie etwa in einer Art Western-Choreographie gemeinsam die Colts kreisen lassen. Ach ja, es fiel ja auch ein Hinweis auf Jim Jarmuschs kafkaesken (Anti-)Western „Dead Man“. Manchmal werden auch selbstreferentielle Bezüge zu älteren Produktionen hergestellt – witzig für all jene, die diese  auch gesehen haben. Irgendwie zusammengehalten wird das alles durch den spannenden Soundtrack der „78plus“-Musiker Philipp Moosbrugger und Günther Berger, der auch gesanglich zu überzeugen wusste.

„Utopie ist immer eine Kritik des Bestehenden“

Dieser Satz kam ziemlich am Anfang des Stückes vor und hätte zu anderen Zeiten als Ausgangspunkt für wagemutige, halsbrecherische, verstörende theatralische Exkursionen gedient. Ohne Netz und doppelten Boden. Nicht so zu Zeiten von „Gruber light“. So blieb an diesem Abend die einzige wirklich spannende Frage letztlich jene, ob die durchaus begabten Akteure  beim Federballspiel den Federball nochmals retournieren können, oder ob er auf den Boden fällt. Das Ende lag – wie ja die Zukunft auch – im Dunkeln, und das im Programmheft beschworene „leidenschaftliche Plädoyer für die Macht der Fantasie“ blieb nur ein Versprechen.