Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Dagmar Ullmann-Bautz · 13. Mär 2010 · Theater

Gewagt. Mutig. Eindrucksvoll. – Ein Abend leidenschaftlicher Wut im Theater Kosmos

Mit der Uraufführung des Stückes „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin“ von Marlene Streeruwitz startete das Theater Kosmos in die diesjährige Spielsaison. Marlene Streeruwitz, 1950 in Baden bei Wien geboren, ist eine der bedeutendsten und politisch engagiertesten Gegenwartsautorinnen im deutschsprachigen Raum - ihre Stücke wurden und werden auf allen großen und namhaften Bühnen gespielt.

Für das Theater Kosmos bedeutet es eine Auszeichnung und ein Geschenk an sein Publikum, diese Streeruwitz-Uraufführung in Bregenz präsentieren zu können. „Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin“ ist ein erstaunlicher Text. Eine wortgewaltige, intelligente, emotionale Auseinandersetzung mit dem Tod, mit Krankheit, mit Freundschaft und Einsamkeit. Streeruwitz lässt die Icherzählerin vom Begräbnis ihrer Freundin nach Hause fahren, lässt sie einen Abend lang leidenschaftlich, wütend und mit trockner Ironie die mit der Freundin verbrachte Zeit Revue passieren, bis sie schlussendlich bei der Konfrontation mit dem eigenen Sterben ankommt.

Vier Männer und eine Schauspielerin

Die Themen „Tod, Krebs, Lügen und Affären“, um die dieser Theaterabend kreist, sind nicht die Lieblingsthemen der Menschen, nicht der Stoff, mit dem wir uns gerne auseinandersetzen, es sind Sujets, die wir gerne unberührt lassen, einfach übergehen. Das Theater Kosmos, allen voran Schauspielerin Alexandra Tichy, nimmt den Zuschauer bei der Hand, nimmt ihn mit auf eine mutige Reise durch ein abgrundtiefes Tal leidenschaftlicher Wut und Verzweiflung.
Vier Männer haben Alexandra Tichy auf ihrem Weg zu diesem Premierenabend begleitet, haben sie geführt, unterstützt, ihr Rahmen und Boden bereitet. Regisseur Augustin Jagg inszenierte den Text, Peter Büchele gestaltete den Raum, der von Markus Holdermann gefühlvoll ins rechte Licht gesetzt wurde, Andreas Schreiber hat die Musik geschrieben und eingespielt.
Augustin Jagg führt die Schauspielerin mit leichter Hand, belässt sie in ihrer unglaublichen Authentizität, was dem Abend eminente Dichte verleiht. Eine moderne weiße Ledercouch, als Sinnbild für Erfolg, ist Spielplatz der Protagonistin – ihre Aktionen, das Verstellen der variablen Rücken- und Armlehnen oder der Sitzhöhen, erinnern bisweilen an männliche Spielereien mit Porsche und Co. Eines hätte ich mir noch gewünscht – das Zulassen der im Text vorhandenen kleinen, leichten, ironischen Momente, die dem Abend noch eine zusätzliche, eine spezielle Note verliehen hätten.

Lichtzaubereien und der perfekte Ton   

Die Bühne zeigt sich als genuines und traumhaftes Gebilde – transparente, weiße Wände, die sich erst noch waagrecht in sich verschieben. Gegen Ende des Abends überraschen sie mit einem eigenen kleinen Schaustück – bewegen sich in Spiralen, umhüllen die Frau, frieden sie ein. In diesem Zusammenhang ist besonders das Lichtdesign von Markus Holdermann hervorzuheben. Er versteht es, durch Beleuchtung aus verschiedensten Perspektiven, unterschiedlichste Wirkungen zu erzielen, den transparenten Stoff noch transparenter zu machen, ihn fast verschwinden zu lassen, ihn zu schließen, eine Wand zu schaffen oder wie am Ende des Stückes, einen in sich strahlenden Lichtkubus zu zaubern.
Andreas Schreiber hat den „Ton perfekt getroffen“ – und Augustin Jagg inszeniert damit ein höchst eindrucksvolles Wechselspiel. Das Ineinanderfließen von instrumentalen, auch menschlichen/männlichen Tönen und dem Schauspiel, der Stimme von Alexandra Tichy, erzeugt eine äußerst reizvolle Stimmung.
Mit lang anhaltendem Applaus bedankte sich das Publikum für diesen Theaterabend, der mit großer Vehemenz und Eindringlichkeit für mehr Ehrlichkeit sich und anderen gegenüber, für mehr Toleranz und gegen das Ignorieren unangenehmer Themen eintritt.