Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Dagmar Ullmann-Bautz · 09. Sep 2016 · Theater

Geglückter Start – UNPOP sendet „Einige Nachrichten an das All“

Einen Theaterabend der besonderen Art schenkte das neue „Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung“ dem Publikum mit der gestrigen Premiere von „Einige Nachrichten an das All“ auf der Bühne des Dornbirner Kulturhauses. Vom Verfasser des Stückes, dem jungen deutschen Autor Wolfram Lotz, dem Revoluzzer, der sich gegen herkömmliche Theaterkonventionen stellt, hat man schon gehört. Und auch die Arbeiten von Stephan Kasimir und Caro Stark hat man gesehen und weiß, dass sie mutig sind, ideenreich, etwas verrückt und dass die zwei Theatermacher für das Theater brennen. Die besten Voraussetzungen für einen Abend, der einen gut 100 Minuten fesselt, zwischendurch verwirrt, berührt, fürchterlich traurig stimmt, aber auch schmunzeln und lachen lässt.

Hundert verrückte Fußnoten

„Einige Nachrichten an das All“ entstand 2010 als Werkauftrag des Stückemarktes beim Berliner Theatertreffen und wurde seither von vielen kleinen und großen Bühnen meist mit beachtlichem Erfolg gespielt. Eigentlich logisch, denn Wolfram Lotz ist nicht nur Revoluzzer sondern auch ein richtig schlauer Autor, der mit seinem verrückten Text stets nur mutige und kreative Regisseure anspricht. Ein Theatertext mit hunderten Fußnoten, total durchgeknallten und unmöglichen Regieanweisungen verlangt nach einer Regie, die den Text ernst nimmt und dennoch den respektlosen Umgang pflegt und benötigt zudem eine Ausstattung, die mit eigenen, verrückten und großartigen Ideen aufwartet. Und nicht zuletzt braucht es Schauspieler, die sich einlassen, Spielfreude entwickeln und auf der Bühne furchtlos agieren.

Großartige Bühne

All dies ist beim Ensemble UNPOP gegeben. Regisseur Stephan Kasimir hat den Text sehr genau genommen und ihm mit seiner eigenwilligen Art Leben eingehaucht. Caro Stark hat eine großartige Bühne entworfen, vom ganz kleinen, Intimen, wächst der Raum fast ins Unendliche. Das All, in das die Nachrichten von einem glänzenden und heimelig plüschigen UFO aus gesendet werden, umfängt uns am Ende des Abends. Die Kostüme sind witzig und stimmig, jeder Figur sozusagen auf den Leib geschneidert.

Feuerwerk für die Ohren

Das Licht von Thomas Bechter ist ordentlich gemacht, die Bühne und das Stück hätten es aber doch noch etwas „dicker“  vertragen. Die Band „The Dead Memories“ (Thomas Bechter, Timo Walser, Dominik Immler, Andreas Dandler) mit Special Guest „Prinz Grizzley“ alias Christoph Comper beschließen das Stück mit einem Feuerwerk für die Ohren, während Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist sich, als Indianer verkleidet, beschwörenden Tänzen hingibt.

Jede Figur ein Hit

Das gesamte Schauspielensemble überzeugt, jede Figur ist ein Hit. Ganz wunderbar das Paar Lum (Anwar Kashlan) und Purl Schweitzke (Ronald Kuste), zwei Krüppel die einfach da sind, weil der Autor sie in das Stück hinein geschrieben hat und die sich mit herzzerreißender Inbrunst doch absolut vergeblich ein Kind wünschen, das ihnen und ihrem Dasein Sinn geben würde. Purl sitzt auf einem Baum, der spastische Lum darunter. Ihr liebevoller Umgang miteinander und ihr Sehnen berühren dank der unaufgeregten und hingebungsvollen Spielweise von Kashlan und Kuste zutiefst.
Luis Lüps entsteigt bombastisch einem auf der Bühne gelandeten UFO und führt als Leiter des Fortgangs herrlich komisch, sehr adrett und very smart durch die Show. Er empfängt die Gäste aus Medien und Historie, um sie zu Wort kommen zu lassen und gibt ihnen die Möglichkeit eine kurze Botschaft ins All zu senden. Maria Fliri beweist ihr breites spielerisches Spektrum als Pantomime, Dicke Frau, Außenminister Sebastian Kurz und Kleist. Als Pantomime führt sie das Publikum gekonnt in den Abend und verleiht auch jeder weiteren Figur den ganz eigenen Ton und die individuelle Körperlichkeit.

Hoffentlich bald wieder!

Der Naturwissenschaftler Constantine Samuel Rafinesque sowie der Alleinerziehende Klaus Alberts werden von Heinz Arthur Boltuch gespielt, zwei Figuren, die einerseits beklagenswert sind, anderseits aber auch Hoffnung vermitteln. Beides vermag Boltuch fabelhaft darzustellen. Sehr beachtlich auch die Leistung der jungen Aysel Kücük, die die verstorbene Tochter des Alleinerziehenden Klaus Albert spielt.
Großer Applaus für das Ensemble, das Leadingteam und die erste Produktion von UNPOP, die noch auf weitere spannende Theaterdelikatessen hoffen und sich freuen lässt.

 

Weitere Aufführungen:
8./9 und 28/29/30 September 2016 und 1. Oktober 2016 jeweils um 20 Uhr Kulturhaus Dornbirn

Karten: per mail ensemble.unpop@gmx.at oder bei allen läendleticket Vorverkaufsstellen (Sparkassen Raiffeisenkassen) bzw. unter www.laendleticket.com Kartenpreis 19 Euro /16 Euro ermässigt (Schüler/Studenten/Senioren)