Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Annette Raschner · 23. Feb 2018 · Theater

Die Ubus aller Herren Länder lassen grüßen … Theater Kosmos spielt den Alfred Jarry-Klassiker "König Ubu"

Vor 122 Jahren sorgte der französische Schriftsteller Alfred Jarry für einen handfesten Skandal. Sein Stück "König Ubu", das er auf Grundlage einer Spottschrift eines ehemaligen Mitschülers auf dessen verhassten Physiklehrer Felix Hébert geschrieben hatte, wurde gleich nach der Uraufführung 1896 in Paris abgesetzt. Jarry war damals erst 23 Jahre alt. Der Vorarlberger Theaterregisseur und UNPOP-Gründer Stephan Kasimir hat den avantgardistischen Text, der Surrealisten und Dadaisten gleichermaßen begeistert hat, als Jugendlicher gelesen. Bis heute fasziniert ihn die dem Stück innewohnende Radikalität. Das Theater Kosmos hat nun mit "König Ubu" in der Regie Kasimirs seine neue Spielzeit eröffnet.

Brillanter Hubert Dragaschnig in der Hauptrolle

Furzgeräusche imitierend und auf einem Kinderfahrrad sitzend: Der Bregenzer Ubu ist eine Art Kind gebliebener Clown mit roten, mephistophelischen Ohren und fettigen Haaren, die von allen Seiten abstehen. Alfred Jarry war ja auch ein passionierter Radfahrer, aber Regisseur Stephan Kasimir zielt noch auf etwas Anderes ab: Vorsicht! In uns allen steckt ein kleiner Ubu. Und so manch einer lässt offenbar keinerlei Kontrolle über diesen walten …

Ubu, diese grauslige Mischung aus Hanswurst und Massenmörder, wird von seiner Frau (Daniela Gaets trashig gekleidet und herrlich verschmitzt) dazu angestiftet, König Wenzel von Polen und dessen Familie zu töten, um den Thron zu usurpieren. Doch Ubu ist nicht nur gefräßig, maßlos und hochgradig narzisstisch. Zu allem Übel ist er auch noch grenzenlos feige. Doch mit Hilfe des Hauptmanns Bordure gelingt der tödliche Staatsstreich, und Ubu setzt als neuer König von Polen erste haarsträubende Regierungsmaßnahmen, sowie seine „ubukalyptische“ Vernichtungsmaschinerie in Gang. Adelige, Richter und Finanzbeamte werden massakriert („enthirnt“), neue Steuern – etwa für Verheiratete – dienen allein der persönlichen Bereicherung.

Rasante Parodie

Anders als etwa bei Shakespeares Königsdramen gibt es keine Antwort auf Ubus hemmungsloses Wüten. Das Stück entzieht sich jeglicher Psychologisierung. Regisseur Stephan Kasimir vertraut dem Charisma seines Hauptdarstellers und der sprachlichen Kraft des Textes mit all seinen wunderbar verqueren, phonetisch deformierten Begriffen. Zügig ist die Szenenfolge, die Parodie bzw. die bereits von Jarry angelegte, wechselseitige Durchdringung von Komik, Tragik und Groteske tut zwar nicht oft, aber manchmal doch auch ein wenig weh. Schließlich scheinen zurzeit so unglaubliche viele Ubus herumzulaufen oder wohl besser herumzuirren …

Ausstattung: Caro Stark

In Sachen Theaterästhetik bezog Alfred Jarry seine Inspiration vom Grand Guignol, dem französischen Gegenstück zur Kasperlefigur. Seine Schauspieler sprachen monoton und fungierten mitunter auch als Requisiten. Ungeachtet dessen hat Ausstatterin Caro Stark ihre eigene Ubu'sche Welt kreiert und lässt die Darsteller (Hubert Dragaschnig, Daniela Gaets, Anwar Kashlan, Ronald Kuste, Simone Loser, Wolfgang Pevestorf) in einer riesigen Gebisslandschaft spielen, die jener des Hauptdarstellers Hubert Dragaschnig nachempfunden wurde. Zahnlos ist er ja nicht dieser Ubu, nur das Rückgrat fehlt halt zur Gänze. Und natürlich werden all seine vielen Verfehlungen letztlich nicht sanktioniert. Feigheit und Tücke verhelfen ihm dazu, nach Frankreich zu flüchten.

Theaterspaß und zufriedenes Premierenpublikum

Das Theater Kosmos tat recht daran, den „König Ubu“ auf seinen Spielplan zu setzen. Ungeachtet der 122 Jahre, die das Stück mittlerweile auf dem Buckel hat, hat es nichts an Aktualität eingebüßt. Das Premierenpublikum dankte mit kräftigem Applaus.

Theater Kosmos
"König Ubu" von Alfred Jarry
Regie: Stephan Kasmir
Ausstattung: Caro Stark
Licht: Othmar Gerster
Mit Hubert Dragaschnig, Daniela Gates, Anwar Kashlan, Ronald Kuste, Simone Loser, Wolfgang Pevestorf, Sandra Loser, Ayman Jedi

Weitere Vorstellungen: 
24.2., 2., 3. ,9., 10., 16., 17., 23. und 24.3. - 20 Uhr
11. und 18.3. - 17 Uhr

www.theaterkosmos.at