Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 26. Nov 2017 · Theater

Bei Hoffmanns unterm Sofa – „Anton – Das Mäusemusical“ als Weihnachtsstück des Vorarlberger Landestheaters

Ganz auf Mäuseperspektive begibt sich das Vorarlberger Landestheater mit dem heurigen Weihnachtsstück. Klein gehalten ist auch die Geschichte, unterhält aber bestens mit Liebe zum Detail, einem spielfreudigen und blendend harmonierenden Ensemble sowie vielen flotten Songs.

Ein junges Stück  hat man in Bregenz heuer mit Gertrud und Thomas Pigors 2004 entstandenem Mäusemusical (Musik: Jan Fritsch) ausgewählt. Ganz auf die Vorgänge unter dem Sofa im Wohnzimmer der Familie Hoffmann konzentriert sich dabei die Handlung. Menschen, im konkreten die Familie Hoffmann, sind zwar wichtiges Gesprächsthema der kleinen Nager, bleiben aber außen vor. Die Bühne gehört ganz den drei Mäusen Anton, Willi und Franz, der befreundeten Spinne sowie der später aus Wien eintreffenden Tante Lizzy.

Fein gezeichnete Mäuse-Figuren

Mit einem überdimensionierten Sofa versetzt Bühnenbildnerin Nicola Reichert das Publikum in diese Mäusewelt. Ein Paradies haben sich die drei Brüder hier geschaffen, leben aber auch in ständiger Angst, von den Hoffmanns entdeckt zu werden. Graue Pullover und graue Hosen bzw. Trainingsanzug für den sportlichen Franz sowie Mäuseohren und ein langer Schwanz reichen als Kostüme (Nicola Reichert) völlig aus, während die Spinne durch Netzstrümpfe und Spiel mit Schnüren gekennzeichnet ist.
Große Effekte sind nicht nötig, Regisseurin Milena Paulovics vertraut auf die fein gezeichneten Mäusebrüder. Diese sind nämlich durchaus unterschiedliche Charaktere. Denn während sich der mutige Franz immer wieder in Gefahr begibt, um Nahrung zu beschaffen, und sich Willi vor allem fürs Essen interessiert, versucht sich der junge und sensible Anton im Geigenspiel. Mit sichtlichem Vergnügen und bestens harmonierend wird dieses Trio von Lukas Benjamin Engel (Anton), Sebastian Hammer (Willi) und Curdin Caviezel (Franz) gespielt.

Lust am Wortspiel

Für feinen Witz sorgen auch immer wieder Wortspielereien, die sich beim Begriff „Maus“ anbieten. Das reicht von dem zur mus musculus oder Hausmaus passenden "Muskelkater" bis zu „mucksmäuschenstill“. Charmantes Spiel wird aber auch getrieben mit den bei den kleinen Nagern verpönten Wendungen, die es im Zusammenhang mit ihrem größten Feind, der Katze, gibt vom furchteinflößenden "Katzensprung" bis zur „Katze um den heißen Brei“. Beiläufig werden diese Wortspielereien eingestreut, im Vordergrund steht immer die Handlung.

Liebe zum Detail

Wenig Freude verbreitet zwar die Ankunft der ungeliebten Wiener Tante Lizzy (Martina Dähne), doch echte Gefahr droht vom Staubsauger und einer Mausefalle. Größte Angst verbreitet schließlich aber ein Brief der Tochter der Hoffmanns ans Christkind, in dem sie sich eine Katze wünscht. Wie diese Gefahren in Szene gesetzt oder nur angedeutet werden vom riesigen Rohr des Staubsaugers bis zu den leuchtenden grünen Augen oder dem vom Sofa hängenden Schwanz der Katze trägt wesentlich zum Reiz dieses 70-minütigen Theaternachmittags bei.
Nicht von großen Szenen, sondern von diesen Details und natürlich auch von den flotten Songs (Musikalische Leitung: Michael Gumpinger)  lebt diese Inszenierung. Etwas überzogen wirkt dagegen, wenn Marisa Wojtkowiaks Spinne, die als Erzählerin fungiert und somit den Handlungsfaden spinnt, gegen Ende in einer selbstreflexiven Szene in die Handlung eingreift, die Erzählung transparent macht und über Weihnachten als Fest der Harmonie und Versöhnung reflektiert.

Echtes Weihnachtsstück

Auch der Katze darf somit keine Gewalt angetan werden – und muss es letztlich auch nicht, reagiert sie auf die Katzenmusik Antons doch ganz anders als seine Brüder. Da mögen dann die Weihnachtskekse wie Zimtsterne und Vanillekipferl für die Mäuse unerreichbar in einer Blechdose aufbewahrt werden, die Katze kann und will da schließlich doch helfen.
So feiert dieses Musical, das auch mit der dezidierten Bezugnahme auf Weihnachten bestens in den Advent passt, nicht nur den Zusammenhalt und den Mut der Mäuse, sondern auch die Stärke ihrer Individualität, durch die sie sich gegenseitig ergänzen, und zeigt, wie sogar scheinbar unüberwindbare Grenzen überwunden werden können.