Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Dagmar Ullmann-Bautz · 21. Apr 2012 · Theater

Achterbahnfahrt der Emotionen – Maria Fliri in Höchstform!

Das Theater „dieheroldfliri.at“ präsentierte im Feldkircher Pförtnerhaus die Bühnenadaption des Bestsellers „Von Hollywood nach Uganda“ von Jane Bussmann.

Es ist gewagt, die Wandlung der Protagonistin und früheren Promi-Journalistin Jane Bussmann zur Auslandskorrespondentin, ihre Erfahrungen im krisengeschüttelten Uganda und ihre Träume auf die Bühne zu bringen – zumal in einem Ein-Personen-Stück. Das Vorhaben ist gelungen, ja weit mehr als dies! „Von Hollywood nach Uganda“ ist ein ganz fantastischer Text, den Barbara Herold perfekt für die Bühne adaptiert, in Szene gesetzt und für dessen schauspielerische Umsetzung Maria Fliri den langanhaltenden Schluss-Applaus mehr als verdient hat. 90 Minuten amüsierten sich die Zuschauer, hielten den Atem an und waren betroffen. Dass die im Feldkircher Pförtnerhaus angebotenen Bücher des Bestsellers nach der zweiten Vorstellung bereits ausverkauft sind, spricht für sich.

Stellung beziehen

Den Theaterverein dieheroldfliri.at haben Regisseurin Barbara Herold und Schauspielerin Maria Fliri vor vier Jahren gegründet – mit dem Ziel, mit ausgewählten Theaterprojekten künstlerisch Stellung zu beziehen. „Von Hollywood nach Uganda“ der englischen Autorin Jane Bussmann ist nach „Covergirl“ und „Ins Weiter schrumpfen“ das dritte Stück des Theatervereins.

Von Weltstars und dem „bösesten Mann der Welt"

Jane Bussmann, in London geboren, ist Comedy-Autorin. Sie schreibt für unzählige britische und amerikanische TV-Shows wie South Park, Smack the Pony und The Fast Show.  Als Promi-Journalistin lebte und jobbte sie einige Jahre in Los Angeles. Die Erfahrungen, die sie in dieser Zeit machte, ihren anschließenden Ausstieg aus der Szene und ihre ersten Erlebnisse als Auslandskorrespondentin in Uganda beschreibt sie mit großem Witz und Selbstironie in ihrem Buch „Von Hollywood nach Uganda“. Ziel der Autorin ist es, Aufmerksamkeit für Menschen zu erregen, die über keine Lobby verfügen, weil sie arm, unrentabel und „schwarz" sind. Man erfährt erschütternde Details aus dem Leben von Weltstars ebenso wie aus dem Leben des „bösesten Mannes der Welt“, Joseph Kony. Kony, Anführer der Rebellenarmee Lord’s Resistance Army, hat in zwanzig Jahren tausende Kinder verschleppt und sie im Busch als Kindersoldaten und Sexsklavinnen „ausgebildet" und missbraucht.

Ein faszinierendes Stück

In der „Welt am Sonntag“ war nach dem Erscheinen des Buches zu lesen: „Es ist das komischste, irrwitzigste, zornigste und wahrhaftigste Buch, das je über afrikanische Massaker, UN-Friedensmissionen und den Zusammenhang von Weltverbesserertum und Dummheit geschrieben wurde, und jeder, der sich von seinen Illusionen über den Zustand sowohl der Ersten als auch der Dritten Welt verabschieden will, sollte es dringend lesen.“

Barbara Herold hat es geschafft, das 420 Seiten lange Buch in einen kompakten Text von 90 Minuten zu verpacken, dem an Wesentlichem nichts fehlt. Die folgerichtige Chronologie der Ereignisse mit schnellen Wechseln und gut gewählten Längen, Herolds Liebe zum Detail, ihr Gefühl für Ausgewogenheit, das alles verleiht dem Theaterabend Stärke und Aussagekraft. Kaum jemand wird sich der Faszination des Stückes entziehen können – bis zum Schluss besticht es mit einer genialen Mischung von herrlich skurrilem Humor, glänzenden Regieeinfällen und dem todernsten Thema von Krieg, Kindersoldaten, Misshandlung und Vergewaltigung.

Fingerspitzengefühl

Maria Fliris humoristisches Talent, ihr einhundertprozentiger Einsatz, ihre Präsenz in jeder kleinen Geste verdienen Anerkennung. Mit Leichtigkeit wechselt sie in verschiedene Figuren, belebt und spielt diese in ihren unterschiedlichsten Facetten. Egal, wem Jane Bussmann begegnet, Fliri lässt die Personen lebendig werden, sei es Ashton Kutcher, der Friedensaktivist John Prendergast oder auch ein 15-jähriges, von Kriegsverbrechern geschundenes Mädchen. Die Ausstattung von Caro Stark drängt sich nicht in den Vordergrund, unterstützt einfach und klar die Geschichte.

dieheroldfliri.at hat mit der Auswahl des Stückes einmal mehr absolutes Fingerspitzengefühl für aktuelle, gesellschaftsrelevante Themen bewiesen. Den Theaterabend präsentierte das Duo als mitreißende Achterbahnfahrt der Emotionen – voll Humor und überbordender Lebenslust, aber auch wütend und Wut erzeugend, voll von menschlichen Abgründen und Untiefen sowie voll trauriger Wahrheiten.