Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Ingrid Bertel · 27. Jän 2012 · Theater

„Ich sehe bedeutend jünger aus“ - "Im Herbst" feierte Premiere beim Theater Kosmos

Zwei Männer um die fünfzig – das riecht nach Krise! Auf der Aschenbahn des Lebens warten die ersten Krankheiten, die Karriere steht still, und in der Liebe gibt’s nur noch Enttäuschungen. Mit Felix Römers Komödie „Im Herbst“ beweist das Bregenzer Theater Kosmos viel Selbstironie und gediegenes Handwerk.

Robert ist Schauspieler und trägt seine Befindlichkeiten als farbenfrohes Kostüm vor sich her. Sind die Converse All Star Chucks schwarz, dann hat ihn wieder mal eine Freundin verlassen; sind sie grün, dann trainiert er sich das Selbstmitleid ab; sind sie rot, dann wandelt er auf Freiersfüßen.

Max ist Bestsellerautor und hat „mit dem Projekt Liebe“ abgeschlossen. „Ich mag keine Zärtlichkeiten am Morgen. Abends ja. Manchmal. Aber nicht am Morgen.“ Scheinbar entspannt hat sich Max in seinem Anwesen an einem ruhigen See eingerichtet. Und als Robert wieder mal ganz heulendes Elend bei ihm eincheckt, schlägt er seinem besten Kumpel eine gemeinsame Alters-WG vor. Da könnten sie doch prima über das erste weiße Schamhaar und allfällige Krankheiten reden. „Einmal Gicht bitte“, meint Robert. Denn: „Es gibt genug Rollen, die man im Sitzen spielen kann.“

„Kotz mir bitte nicht in den See!“

Robert zappelt nervös auf dem Liegestuhl auf dem Bootssteg von Max. Klara ist weg, und den Trigorin in Tschechows „Möwe“ werde er auch nie spielen, immer nur den verliebten Loser Medwedenko, diesen Dorfschullehrer. Max, der den Beruf des Psychiaters aufgegeben hat, weil er jeden Patienten „schon am Klingeln erkennen“ konnte, schnauzt den theatralischen Robert an: „Leute wie du waren der Grund, warum ich mit dem Beruf des Psychiaters aufgehört habe.“ Trotzdem verpasst er seinem Freund  eine Sprechstunde. Er habe das Stück in einer „Klara-Situation“ geschrieben, sagt der Autor Felix Römer. Sein Mut zur Selbstironie bei gleichzeitig liebevollem Blick auf die beruflichen Brüche im Leben von Schauspielern, Autoren und Therapeuten macht das Funkeln dieser Komödie aus.

Bestens aufgestellte "Kosmonauten"

Und das Spiel wird von den „Kosmonauten“ mit ausgesprochener Eleganz weitergetrieben. Alex Kölbl baut ein Bühnenbild, das die hochgelobte heimische Holzbau-Architektur in ein Techschow’sches Landgut überführt. Lichtdesigner Markus Holdermann nimmt vorab schon planen Realismus aus der Szene, indem er einen leise kitschigen Mond und eine orange Sonne an den Himmel malt. Herwig Hammerl liefert den Soundtrack zum Gejammer der Buddies – eine Prise Lou Reed, ein bisschen Mick Jagger und etwas Reggae. Das stimmt alles so schön ironisch zusammen, dass Regisseur Augustin Jagg sich auf die tieferen Schichten des Stücks einlassen kann. Denn seine beiden grandiosen Darsteller Marko Pustisek (Max) und Hubert Dragaschnig (Robert) versagen sich die Knallchargen, die der Text durchaus anbieten würde. Sie zeichnen die Lächerlichkeiten ihrer alternden Männer so, dass deren Würde gewahrt bleibt – und das ermöglicht uns Zusehern, bei all dem Salz, das „Im Herbst“ in unser aller Wunden streut, zu lachen.

„Und ich werde den Trigorin spielen“

„Im Herbst“ kann man auch als Auseinandersetzung des Theater Kosmos mit eigenen, strukturellen Problemen sehen. Er werde "auf keinen Fall einen Bestseller schreiben", schmunzelt Augustin Jagg. Ob er demnächst endlich ein Stück von Tschechow inszeniert? Hubert Dragaschnig probt ja schon jetzt auf der Bühne den Trigiron-Text.

Weitere Termine: 28./29.1. und 2./3./4.2., jeweils 20 Uhr

www.theaterkosmos.at