Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Peter Füssl · 17. Jun 2018 · Tanz

tanz ist Festival 2018 – Urban Dance Art zum Finale

Nach der sensationellen Produktion „Aghori“ von Shailesh Bahoran, einer exzellenten Mischung aus indischer Tradition, Hip-Hop und anderen zeitgenössischen Tanzstilen, und dem eindrucksvollen Tanzsolo „Today“ von Laurence Yadi (Compagnie 7273) fand das tanz ist Festival am Dornbirner Spielboden seinen Abschluss mit einem Einblick in die zur Zeit sehr hippe Urban Dance-Szene. Der Bühnenraum wurde zur Blackbox, vom Lichtdesign her beschränkte man sich größtenteils auf einfache Spots, die Lichtkreise auf den Boden zeichneten. Das Setting für die Präsentation von drei sehr unterschiedlichen Tänzern war also äußerst reduziert und bewusst schlicht gehalten.

Bartek Przybylski: „Something ... that I call a journey“

Der junge Pole, er studiert Tanz an der Folkwang Universität in Essen, spielte mit dem Tempo, verschränkte rasante Läufe und Zeitlupenmäßiges ineinander, ließ sich drastisch auf auf den Boden fallen und präsentierte interessante Ideen im Floorwork. Stille und donnernde Pianoklänge aus „Metamorphosis“ von Philip Glass wechselten sich ab, Przybylski verlor sich irgendwann irgendwo zwischen krampfhaften Zuckungen und Entrückung.

Link Berthomieux: „Vendetta“

Der auch als Link Bink bekannt Franzose arbeitete in mehreren Compagnien und gewann schon zahlreiche internationale Battles. Er kombinierte Elemente aus B-Boying und Hip-Hop Grooves, die er als sehr sanfte und elegante Bewegungen zelebrierte. Besonders eindrucksvoll war die Sequenz, in der Berthomieux im Handstand tanzte und seine Füße wie die in einer sanften Meeresströmung schwebenden Tentakel einer Seeanemone wirkten. Angesichts seiner beeindruckenden Körperbeherrschung hätte er sicher noch mehr Gustostückchen dieser Art auf Lager gehabt, von seiner Idee, den ersten Teil der Darbietung  als Spoken Word-Performance in Ruhestellung auszuführen, waren allerdings nicht alle Tanz-Fans begeistert.

Dhélé Tchekpo Agbetou: „Fusion of Dialects“

Wie der Titel seiner Performance schon andeutet, mischt der der aus Benin stammende und in verschiedenen französischen und deutschen Compagnien aktive Dhéle Tchekpo Agbetou Hip-Hop und andere zeitgenössische Stile. Verblüffend ist das breite Ausdrucksspektrum, das er allein mit Armen und Händen abzudecken versteht, aber er kann auch die Muskulatur seines Oberkörpers tanzen lassen. Seine Performance enthielt aber auch durchaus skurrile Elemente, wobei für Agbetou, Berthomieux und Przybylski gleichermaßen gilt, dass sie zwar bemerkenswerte Tänzer sind, sich mit theatralischen Einsprengseln aber auf ziemlich dünnem Eis bewegen. Bei allen dreien hätte man sich manchmal die leitende Hand eines guten Choreographen gewünscht. 

Work in progress zum Finale

Nach der Pause präsentierten Przybylski, Berthomieux und Agbetou ein eigens für das tanz ist Festival gemeinsam erarbeitetes, mit „Circulations“ betiteltes Stück, das als work in progress zu verstehen ist und in dem alle drei nochmals ihre besonderen Vorzüge präsentieren konnten. Dieser Abend mit den drei talentierten Tänzern konnte durchaus vermitteln, weshalb die Urban Dance Art in all ihren unterschiedlichen Variationen so eine große Anziehungskraft auf nicht unbedingt auf Tanzsäle gepolte Menschen ausübt. Er zeigte aber ebenso auf, wie wichtig wirklich gute Choreographien auch in diesem Bereich sind, wenn sich das Geschehen in Säle verlagert.