Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Mirjam Steinbock · 18. Feb 2018 · Tanz

Noch ein Schäufelchen drauf - Jazz und Tanz in Wandlung - Morphing II am Spielboden Dornbirn

Morphing II, die musikalisch-tänzerische Wandlung vom Jazzorchester Vorarlberg, erlebte in ihrer Wiederaufnahme am Spielboden Dornbirn einen ordentlichen Aufschwung und bestätigte, dass Jazzmusik und zeitgenössischer Tanz ganz hervorragend miteinander können. Vergangenen Freitag spielten Töne, Choreographien, Gesten und Harmonien sich gekonnt die Bälle zu. Mit begeistertem Zwischen- und Schlussapplaus formulierte das Publikum ein Wow-Gefühl.

Die Idee ist aber auch knackig. Was sich die Tänzerin und Choreographin Silvia Salzmann, der Komponist Clemens Wenger und Martin Eberle vom Jazzorchester Vorarlberg vor einiger Zeit ausgedacht und umgesetzt haben, ist ein stimmiges Konzept. Stimmig nicht im Sinne von harmonisch oder rund, sondern eher, weil es den Lebensrhythmus auf so unmittelbare Art und Weise spiegelt, dass man sich plötzlich wie ertappt fühlt in diesem akustisch-visuellen Bildraum mit seinen Höhen und Tiefen. Im donnernden Kontakt mit dem Boden, trillernd in der Luft, langsam auf Beat gehend oder in rauschender Geschwindigkeit einer Drehung wird die Bühne zum magischen Ort. Hier wandelt sich das Eine zu etwas Anderem. „Herum morphen“ nennt es Clemens Wenger in seiner charmanten Anmoderation. Er ist nicht nur Komponist des Stücks, er dirigiert diesen Abend auch und wirkt in seiner Körpersprache wie der fünfte Tänzer. Auf Einladung des Jazzorchesters komponierte der Musiker schon für Morphing I, einer Wandlung von Musik, Poetry Slam und bildender Kunst. Für Morphing II schrieb er rund ein Dutzend Szenen mit Titeln wie „Emphasis“, „Strange Touches“ oder „Clash – Schnallen“. Dem akustischen Teil seiner Kompositionen fügte Wenger einen ordentlichen Schuss Elektronik bei und das wirkt so groovy, dass es einen stellenweise kaum auf dem Sitz hält.  

Bis der Atem stockt

Gleich zu Beginn legt das elfköpfige Jazzorchester ein spritziges Tempo vor und reißt das Publikum unmittelbar hinein in die Klangfluten. Silvia Salzmann setzt mit ihrem choreographischen Konzept einen selbstbewussten Kontrapunkt. Das ist zu Beginn so, wenn sie Tänzerin Carmen Pratzner ganz sacht in Bewegung und Ausdruck wie eine Silhouette aus dem Dunkeln auftauchen lässt, und das zieht sich auch durch andere Szenen, in denen sie selbst, Carmen Pratzner, Natalie Fend und Thomas Geismayr den Saal mit Tanz, Gesten und Performance füllen und Stimmungen im Raum körperlich manifestieren. Da treffen darstellende Kunst, Jazz, Elektronik und auch die Rezeption im Publikum als Sprachen aufeinander und das Faszinierende ist, dass jede Form ihre eigene Geschichte erzählt. Das läuft wellenartig ab, ist wie ein Auf und Nieder in entsprechender Tonlage und auf jeweiliger Ebene. Und plötzlich passiert dieser Moment, in dem die Formen auf einer Wellenlänge liegen und doch jede Individualität erkennbar bleibt. Das lässt einem kurz den Atem stocken, bis sie sich wieder voneinander lösen, um ihrer eigenen Spur zu folgen.

Und dazwischen zwei Kulturpreise

Das trifft auch auf die Beteiligten zu, die sich in den vergangenen zwei Jahren zwischen Premiere und Wiederaufnahme von Morphing II weiterentwickelten, neue Zusammenarbeiten eingingen, Projekte starteten. Es liegen unter anderem zwei Vorarlberger Kulturpreise dazwischen - einmal in der Sparte Tanz und im folgenden Jahr im Jazz, und wen mag´s wundern, dass einige SolistInnen des Abends auch da ordentlich abräumten. Wer bereits die Aufführung von Morphing II in Bregenz gesehen hat, mag den Unterschied erkennen. Nicht nur, dass Natalie Fend, in der Erstversion verletzungsbedingt ausgefallen, das Tanzensemble nun komplett macht und bereichert. Auch, was die Bühnenpräsenz und das Spiel mit dem Publikum anbelangt, steigerte das Stück nochmals seine Wirkung. Silvia Salzmann bestätigte, sie habe auch mit den Musikern an deren Performance gearbeitet und einige Tanzszenen „geputzt“. Jenes Feedback und die Kritikpunkte, die sie vor zwei Jahren erhielt, habe sie mitgetragen und das, was ihr sinnvoll erschien, in die Wiederaufnahme eingebaut.

Witz haben sie übrigens auch, diese hochprofessionellen KünstlerInnen, die sich zwischen den einzigartigen Darbietungen mal mit Wasserpistolen bespritzen oder das Instrument gegen die Bierflasche austauschen. Insgesamt gesehen ist das Tanz- und Musik-Ensemble mit einem solchen Spaß am Werk, dass man eigentlich nur Eines tun kann: sich mit erfreuen.
Wer das möchte, kann es noch einmal tun und Morphing II am 3. März um 20:30 Uhr im Jazz- und Musikclub „Porgy & Bess“ in Wien erleben.