Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 05. Nov 2017 · Tanz

Hungry Sharks als Sympathieträger - Urban Dance begeisterte beim tanz ist Festival am Spielboden

Früher waren es vorwiegend die Hinterhöfe der angesagten Metropolen, in denen sich musikbegeisterte und bewegungsbegabte Jugendliche coole Moves zu neuen Sounds ausdachten, die sich dann nicht selten via Videoclips wie ein Lauffeuer um den Globus verbreiteten. Seit einigen Jahren erobern diese außerhalb der professionellen Szene entstandenen und zumeist von Autodidakten perfektionierten Tanzformen auch die geheiligten Hallen der etablierten Tanzkunst. Tanz ist Festival-Chef Günter Marinelli ist mit seiner Idee, Österreichs prominenteste Vertreter der Urban Dance-Szene, die Hungry Sharks, an den Spielboden zu holen, also durchaus am Puls der Zeit. Der überaus volle Saal – darunter für eine Tanzveranstaltung überdurchschnittlich viele Jugendliche – und der begeisterte Schlussapplaus gaben ihm absolut recht.

Ausgeklügelt Choreographie, dramturgische Strukturen

Hungry Sharks-Mastermind Valentin Alfery beschäftigte sich schon seit einigen Jahren mit Breakdance und anderen Street-Dance Formen, aber auch mit Schauspiel, als er 2011 zusammen mit Dusana Baltic die urbane Dance Company ins Leben rief. Folglich ist auch das von ihm kreierte, knapp einstündige Stück „Hidden In Plain Sight“ weit mehr als eine der üblichen Urban Dance-Performances, in der die Protagonisten in Showcases ihre Gustostückerln zeigen. Vielmehr packt er die ausgeklügelte Choreographie geschickt mit dramaturgischen Strukturen zusammen, in die Solodarbietungen und Gruppenszenen perfekt integriert sind.

Popping, Roboting, B-Boying ...

Der Wille zur Strukturierung wird auch bildhaft sichtbar, wenn etwa der weiße Boden der Tanzfläche durch ein mit schwarzem Klebeband umgrenztes Rechteck markiert wird. Dieses Rechteck wird während der Fortdauer des Stückes zweimal mittels Klebebandes beträchtliche verkleinert – was bei 12 Tänzerinnen und Tänzern naturgemäß zu einer buchstäblichen Verdichtung führt. Sehr stimmig ist auch die Idee, dass der erste Tänzer die Tanzfläche aus dem Publikumsraum heraus betritt, und der letzte Tänzer die Bühne ebenfalls mit einem Abgang durch das Publikum verlässt. Die ProtagonistInnen laufen in punktgenau getimten Abläufen durcheinander, gefrieren zu Tableaus, bauen in ihr Popping, Roboting oder B-Boying auch kleine theatralische Elemente ein. In der zweiten Hälfte gibt es dann auch vermehrt Powermoves zu sehen, die ein beachtliches athletisches Talent voraussetzen.

Electronic-Soundtrack von Patrick Gutensohn

Valentin Alfery, Farah Deen, Cat Jimenez und Youngung Sebastian Kim ragen aus der zwölfköpfigen Company heraus, die vor allem durch ihren frischen und ungezwungenen Appeal überzeugt und begeistert. Maßgeblichen Anteil daran hat auch der vom Vorarlberger Patrick Gutensohn konzipierte Electronic-Soundtrack, der die repetitiven, loop-artigen, permanent zwischen Verdichtung und Auflösung changierenden Muster, die man auch als zwischenmenschliche Interaktionen und Verhaltensweisen interpretieren kann, perfekt unterstützt. Als Tänzer der Hungry Sharks konnte Gutensohn am Spielboden leider nicht dabei sein, weil er zurzeit in Wien seinen Zivildienst ableistet. Der Begeisterung des Publikums tat dies aber keinerlei Abbruch – mit frenetischem Applaus wurde das sympathische Ensemble mehrfach auf die Bühne zurückgeholt.