Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Peter Bader · 17. Nov 2011 · Musik

Zwischen Statik und Dynamik

Am Mittwochabend begeisterte das Craig Taborn Trio im Rahmen der Jazz&-Reihe am Dornbirner Spielboden.

... seine eigenen Fußstapfen

Der große, 1999 verstorbene Pianist Michel Petrucciani sagte einmal, ihn interessiere bei einem Pianisten vor allem, was er wisse. Für Craig Taborns Gastspiel am Spielboden würde sich Petrucciani wohl interessiert haben. In einem äußerst spannenden, ca. 80-minütigen Set wurden zahlreiche stilistische Einflüsse reflektiert, dies aber auf eine sehr eigenwillige Art und Weise und ohne Gefahr zu laufen, ins Epigonentum abzugleiten. Man spürte Taborns Beschäftigung mit den ganz Großen seines Fachs. Thelonious Monk, Cecil Taylor und Keith Jarrett etwa. Aber Taborn macht seine eigenen Fußstapfen. Und: Auch seine Beschäftigung mit polyphoner, kontrapunktischer Musik war offensichtlich. Polyphonie nicht nur in linearer Hinsicht, sondern auch in rhythmischer. So ist Polyrhythmik ganz klar ein Aspekt seines musikalischen Schaffens.

Herz und Verstand

Mit seinen Mitmusikern Thomas Morgan (Kontrabass) und Gerald Cleaver (Schlagzeug) realisierte der recht jugendlich wirkende Pianist aus Detroit uneitel und sympathisch eine höchst komplexe Musik, die beides ansprach: Herz und Verstand. Schon das erste Stück, das aus den Eigenkompositionen „Gal 1“ und „Transfer“ bestand, berührte durch einen meisterhaften Spannungsbogen, der von anfänglichen einzelnen, wie hingetupft wirkenden Noten auf dem Flügel zu eruptiver Tutti-Lautstärke und wieder zurück zu gemäßigter Lautstärke führte. Dabei bewegte sich das Trio zwischen Statik - etwa im Spiel von Ostinato-Patterns - und Dynamik, auch im physikalischen Sinne der Wirkung von Kräften, da sich die Musik trotz Ostinatos stetig veränderte. Eine Musik, die die Stimmungen ausdrückend die Assoziation „Suite“ nahelegte. Mit Passagen, die wie die in Musik gesetzte Negation der Begriffe „Lick“ und „Klischee“ wirkten. Obwohl auch griffige Figuren erkennbar waren, und virtuose Läufe gespielt wurden, die in ihrer brillanten Phrasierung swingten, die aber gleichzeitig wie die Abstraktion von Swing anmuteten.

Mit der Eigenkomposition „Enchant“ stellte sich Taborn anfänglich als Lyriker vor, allerdings auch hier in abstrahierter Form. Sphärisch hingehauchte Töne und dunkle Klänge waren zu hören. Ein Drum-Solopart und ein längeres Bass-Solo folgten. Die unisono von Piano und Bass repetierte riffartige, mächtige Figur am Ende der Nummer riss zu Begeisterungsstürmen hin

In der Zugabe „New Glory“ bewies Taborn noch einmal seine phänomenale Technik.

Nächstes Konzert in der Jazz&-Reihe am Spielboden:

Alfred Vogel "Vogelperspektive

Mit "Die glorreichen Sieben" (Kalle Kalima, Flo Götte, Christian Lillinger, Alfred Vogel), Le Noir (Simon Frick, Lucas Dietrich, Alfred Vogel), Andy Schreiber, Angelika Hagen, David Helbock, Norbert Mayer

Sa, 26.11.2011, 20.30 Uhr