Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Silvia Thurner · 31. Jul 2016 · Musik

Zwei starke Frauen am Ruder – Patricia Kopatchinskaja und Susanna Mälkki belebten die Sinne bei der zweiten Festspielmatinee

Mit Spannung wurde das zweite Orchesterkonzert im Rahmen der Bregenzer Festspiele erwartet, denn ein wirkliches Ereignis war angekündigt. Die hierzulande bestens bekannte Geigerin Patricia Kopatchinskaja interpretierte das für sie komponierte Violinkonzert von Otto M. Zykan. Am Pult stand die bestens vorbereitete und akkurat dirigierende Susanna Mälkki. Die großen Erwartungen wurden mehr als erfüllt, denn Zykans Musik erstrahlte voller musikalischer Raffinesse, überraschender Wendungen sowie einer fein nuancierten Instrumentation. Ihre ganze Persönlichkeit kristallisierte die sympathischen Solistin heraus, bewundernswert unterstützt von den Orchestermusikern. Das Publikum reagierte begeistert auf das 2004 entstandene Werk. Freude löste auch die Interpretation der ersten Symphonie von Johannes Brahms aus, so energetisch und zugleich transparent war das Werk lange nicht zu hören.

Otto M. Zykans Musik und auch sein Violinkonzert „Da unten im Tale“ ist hierzulande nicht bekannt. Umso größer war die Vorfreude auf die Aufführung dieses viel zu selten gespielten Werkes, das der Solistin auf den Leib geschrieben ist. Sehr viele Facetten hat Zykans Musik und diese kamen auch in seinem Violinkonzert voll zur Geltung. Fast sphärisch begann die motivisch fein verzahnte Musik, in der die nuancierten Tongebungen zwischen der Sologeige, der Marimba und dem Vibraphon sowie der Harfe die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Im ersten Abschnitt war das Soloinstrument (fast zu) sehr in den Klangfluss des Orchesters integriert, doch bald „emanzipierte“ sich die Solostimme und so entwickelten sich gut nachvollziehbare Korrespondenzen. Die Wechselverhältnisse zwischen der Alleinstellung des Soloparts und der Integration in den Orchesterklang lenkten die Aufmerksamkeit auf sich. Durch die raffinierte Instrumentation wurden die Phrasierungsbögen zudem zum Leuchten gebracht. Originell wirkte - um nur eine Facette zu nennen - jene Passage, in der die Bogenhaare vom Frosch gelöst wurden, um alle vier Saiten gleichzeitig zum Klingen zu bringen. Auf diese Weise wurde mit einem implizierten Orgelklang die Ausdruckskraft des Chorals gut in Szene gesetzt. Klar, dass auch das titelgebende Brahmslied „Da unten im Tale“ durch die mit zahlreichen musikalischen Idiomen angereicherte Musik hindurch schimmerte.

Mit Leib und Seele


Patricia Kopatchinskaja spielte mit ganzer Hingabe. Ihre Körperhaltung, ihre Bogenführung, die am Griffbrett angezupften Saiten, die perkussiv kraftvollen rhythmischen Teile sowie die Solokadenz zogen die Zuhörerinnen und Zuhörer in ihren Bann. Besonders im Solo kam es auf die kleinsten Schattierungen der Tonqualitäten an und es war ein wahres Vergnügen, sich ganz auf das Spiel der Solistin einzulassen, bis hin zum idyllisch hingehauchten Schluss.

Energiegeladener Brahms


Susanna Mälkki dirigierte das vielschichtige Werk klar, dadurch wirkte der Orchesterpart leicht und die Musikerinnen und Musiker agierten als ebenbürtige Partner. Insgesamt hatte die Dirigentin die Wiener Symphoniker fest im Griff. Ihre präzise und ausführliche Gestik verlieh Sicherheit und brachte das Orchester in Hochform. So erklang auch die erste Symphonie von Johannes Brahms mit bewundernswerter Klarheit, kantig artikuliert, bis in die kleinsten Phrasierungen hinein transparent und aus diesem Grund auch sehr energetisch. Der Interpretationsansatz von Susanna Mälkki tat der Musik von Johannes Brahms sehr gut, denn die Themenführungen und deren rhythmische Akzentuierungen durch die Stimmgruppen hindurch, verliehen der Musik einen wohltuenden Drive. Dass Susanna Mälkki ein untrügliches Gespür für Proportionen hat, zeigte sich vor allem in jenen Passagen im zweiten Satz, in denen sie den musikalischen Linien Zeit zur Entfaltung ließ, dynamische Bögen weitsichtig ausformte und dadurch – vor allem im dritten Satz - plastisch ausgeformte Klanggebilde in den Raum gestellt wurden.

Als Ouvertüre im wahrsten Sinne des Wortes führte die Interpretation der Ouvertüre zu Fidelio, op. 72 in das inspirierende Konzert ein.