Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Anita Grüneis · 24. Jän 2016 · Musik

Wenn der Distelfink zweimal zwitschert

Kurz und fein ist die Komposition „Der Distelfink“ von Leposava Antova, die im Vaduzer Schlösslekeller uraufgeführt wurde. Schon die ersten Töne machten klar, dass diese Melodie, einmal gehört, in Erinnerung bleiben wird.

Die Melodie zieht sich durch das ganze Stück, das leider nur 4,13 Minuten lang ist. Dabei hat das Buch, das Leposava Antova-Büchel zu ihrer neuen Komposition inspirierte, insgesamt 1.022 Seiten! Donna Tartts Roman „Der Distelfink“ wurde 2014 mit dem Pulitzer-Preis im Bereich Belletristik ausgezeichnet, Warner Bros. sicherte sich die Filmrechte. Ob bei einer Verfilmung die Musik von Antova eine Rolle spielen wird?

Das Wort und die Musik

Bei der Uraufführung in Vaduz las der Philosoph und Schriftsteller Peter Natter aus Dornbirn den Anfang des Buches „Der Distelfink“ vor, in dem sich Theodore Decker an eine Begegnung erinnert, die er im Alter von dreizehn Jahren im Museum hatte, kurz vor der großen Explosion, bei der seine Mutter ums Leben kam. Danach ließ Lepasava ihre Interpretation dieser Begegnung hören, eine leise zarte Melodie, die sich immer zu wiederholen schien und sich dabei doch bis zur Auflösung hin verändert. Dabei perlten die Läufe leichtfüßig dahin, als würde der Distelfink geradewegs davonfliegen.

Musik ist der Raum zwischen den Noten

Auch der Schluss des Buches wurde vorgelesen, in dem der Protagonist Theodore Decker über das Leben an sich philosophiert, in dem die Natur immer gewinnt, Musik der Raum zwischen den Noten ist und wir dem, was wir sind, nicht entrinnen können. Theodores Mutter hatte das Bild des Distelfinken geliebt, das ein Schüler Rembrandts 1654 gemalt hatte. Dieses Bild hatte er nach der Explosion aus dem Museum mitgenommen. Die Autorin Donna Tartt erzählt somit auch vom Trost der Schönheit inmitten des Chaos’.

Zehn Minuten Schönheit

Wie diese Schönheit bei Lepasava Antova aussieht, ist nicht nur in der Klavierkomposition zu hören, sondern auch in der Kammermusik-Version, gespielt von sechs MusikstudentInnen des Vorarlberger Konservatoriums Raphael Hoell, Martta Kukkonen, Sebastian Mosquera, Goran Piljic und allen voran Vanessa Klöpping, die mit ihrer Klarinette alle inspiriert und den Mittelteil des Stückes fast zur Klezmer-Musik werden lässt. Beide Versionen sind auf der CD enthalten. Die Klavier-Version des „Distelfink“ ist 4,13 Minuten lang, die Kammermusik-Variante 5,25 Minuten. Die CD selbst wurde mit einem Foto (Darko Todorovic) von drei farbenprächtigen Federn des Distelfinks von Cornelia Wolf gestaltet.

Von Skopje nach Liechtenstein

Die Musikerin Leposava Antova wurde 1975 in Skopje geboren, kam mit 4 Jahren nach Bregenz und lebt mit Mann und zwei Söhnen in Liechtenstein. Sie studierte Instrumentalpädagogik am Landeskonservatorium Feldkirch, seitdem unterrichtet und komponiert sie. Ihre erste CD „Schmetterlinge“ enthält sieben Klavierstücke und erschien 2011.