Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Silvia Thurner · 06. Jul 2015 · Musik

Vom Wettstreit musikalischer Kräfte – bei den „Montforter Zwischentönen“ wurden mit großen Gegensätzen die Gemüter bewegt

Ein interessanter Gedanke prägte das abschließende Konzert der „Montforter Zwischentöne“. Bekanntlich standen in der Sommerausgabe des Festivals der Streit und die Versöhnung im Zentrum des Geschehens. Der Konzertdesigner und künstlerische Leiter Folkert Uhde konzipierte ein inszeniertes Konzert mit Kompositionen, die Leidenschaften zwischen Kampfgeist und Tod in sich trugen. Die vielfältigen Werkdarbietungen des bestens bewährten „Concerto Stella Matutina“ (CSM) sowie der Sopranistin Winnie Brückner, dem Tenor Nino Aurelio Gmünder und dem Bassisten Matthias Helm mündeten im berühmten Madrigal „Il Combattimento di Tancredi e Clorinda“ von Claudio Monteverdi. Bewegungsabläufe der Musiker auf der vorgebauten Bühne erwiesen sich als teilweise innermusikalisch deutend, teilweise waren sie aber auch eine Ablenkung vom Eigentlichen.

Der Abend stand unter dem Leitgedanken „Arena – Musikalische Duelle“. Vornehmlich in der Barockmusik ist dieser Themenkreis sehr präsent, nämlich im gegenseitigen Wetteifern, in der Nachahmung, in den Affekten sowie im Kontrapunkt. Ein gut ausgewogener, dramaturgischer Bogen wurde dadurch erzielt, dass die Werkfolge Affekte im Großen abbildete, die sich in den Kompositionen innerhalb musikalischer Themenblöcke wiederfanden.

Konfrontation und Trauer

Zuerst wirkten die Trompeter etwas zurückhaltend, doch im Laufe des Abends gewannen sie immer mehr Profil. Ihre Vormachtstellung machten sie mit doppelchörigen Trompetenfanfaren deutlich, die von den oberen Balkonen in wirkungsvollen Wechseln erklangen. Vor allem in Bibers „Sonata á 7 für sechs Trompeten, Pauke und Basso Continuo“ ertönten kräftige Gegenspiele zwischen den Gruppen. Neben kämpferischen Szenen wurde auch der Trauermusik Raum gewährt. Ergreifend musizierten die Blechbläser des CSM den berühmten Marsch aus „Music for  the Funeral of Queen Mary“ von Henry Purcell.

Zornig, herausfordernd und beschwichtigend

Sehr präsent agierten die Streicher sowie die hervorragend disponierte Continuogruppe. Besonders die Sonaten von Marco Uccellini und Dario Castello sowie die Battaglia von Andrea Falconieri entfalteten eine mitreißende Wirkung. Die Konfrontation wurde auch hier in der Aufstellung illustriert, so dass das Zuspielen der Themen, das Kräftemessen, die Erregung, das gegenseitige Kontern und Beschwichtigen für die Zuhörenden sehr gut nachvollziehbar war.

Markante Zäsuren

Die kurzweilige Performance wurde mit Improvisationen von Herbert Walser-Breuß an der Trompete und electronics sowie der Sängerin Winnie Brückner klug strukturiert. Mit modernen musikalischen Mitteln sowie Stimme, Geräuschen, Klangverfremdungen und Loops erzeugten sie reflektierende Felder, akzentuierten vorher Erklungenes auf ihre individuelle Weise und schufen damit willkommene Transformationen und Zäsuren.

Selbstbewusstsein strahlte der Bassist Matthias Helm in Johann Kriegers Kantate „Der Drache bläset Lermen, Michaeles Andacht“ aus der „Musikalischen Ergetzlichkeit“ aus. Weil ein Steg mitten durch das Auditorium geführt wurde, waren die Musiker und Sänger teilweise sehr nahe beim Publikum. Dies schuf vor allem in dieser Arie ein spannendes Verhältnis zwischen Nähe und Distanz.

Publikumswirksame Tragödien

Die Quintessenz dessen, was die Darstellung der Affekte in kriegerischer Konfrontation und leidenschaftlicher Hingabe anbelangt, ist Monteverdies „Minidrama“ „Il Combattimento di Tancredi e Clorinda“. Allein die Rezitation des Librettos nach dem Epos „Das befreite Jerusalem“ von Torquato Tasso machte den spannungsgeladenen Inhalt der Tragödie von Tancredi und Clorinda erlebbar. Die Werkdeutung des CSM mit Winnie Brückner und Nino Aurelio Gmünder kehrte die in der Musik innewohnende Dramatik und Leidenschaft hervorragend an die Oberfläche. Allerdings überzeugte Winnie Brückner in den modernen Stimmimprovisationen mehr als in der Rolle der Clorinda. Das darstellerische Moment der Sänger, die sich angriffslustig auf dem Mittelsteg begegneten, erübrigte sich. Denn der leidenschaftlich bewegten Spielart des Orchesters und der Sänger gab es eigentlich nichts hinzuzufügen. Auch das Kräftemessen der beiden Barockgitarristen war als Gag zu verstehen.

Die vielen Bewegungen und die ausgeklügelte Choreografie gingen mitunter auf Kosten eines exakten Zusammenspiels und einer prägnanten Koordination der Musiker und Sänger untereinander. Aber publikumswirksam waren die musikalische Arena und die ausgeführten Duelle auf jeden Fall.